: Pferd Horst ist schuld
■ In „Bang Boom Bang“ soll der Witz mit dem Holzhammer durch die Tresorwand
Filmverleiher haben's auch nicht leicht. Senator-Film bringt in dieser Woche „Bang Boom Bang“ auf die Leinwände, und in Radiospots bewirbt man die Ruhrgebiets-Prolo-Klamotte mit Verweis auf Til Schweigers „Knockin' On Heavens Door“. Nur komisch, dass Schweiger fast vollständig aus dem Film rausgeschnitten wurde: Nur eine Szene ist übrig geblieben. Schweiger ist als rastalockiger Fußballspieler eh kaum zu erkennen, immerhin muss er sich von seinem Gegenspieler k. o. schlagen lassen. Danach ist er so tot, dass er nicht mal mehr in den credits auftaucht. Senator vertraut lieber auf die Sogwirkung von Alexandra Neldel. Nie gehört? Die Blondine spielt in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“.
„Bang Boom Bang“ versucht mit seiner Ruhrpottstory an die Erfolge der Theo-Filme von Marius Müller-Westernhagen anzuknüpfen. Westernhagen ist längst ein ekliger alter Sack, und seine damals netten Gags ziehen heute auch nicht mehr. Lkws dagegen sind immer sexy und deshalb gibt's in Bang Boom Bang die Spedition Kampmann. Werbespruch: „Die potenten Verkehrspartner“. Die Ausstattung des Films hätte einen Preis verdient: Der fiesgrüne Ford-Taunus von Kiffer Keek (Oliver Korittke), der immer wieder zusammengeschlagen wird, die Verleihbude „Franky's Video Power“, in deren Keller Billigbumsfilme gedreht werden, oder die T-Shirts der Darsteller: Laguna Beach, Kreta, Misfits – alles nett peinlich. Auch die Schauspieler Martin Semmelrogge als humpelnder Schlucke oder Ralf Richter als Kalle, der aus dem Knast ausbricht, als er in seiner Zelle das Pornovideo sieht, in dem seine Frau von Franky persönlich gevögelt wird, schlagen sich wacker.
Die Prolls werden nicht mehr als nötig und erträglich als Deppen denunziert. Obwohl – den dänischen Gebrauchtwagenhändlern gefälschte 200-Mark-Scheine anzudrehen, die in der Mitte nicht bedruckt sind, ist vielleicht doch arg einfältig. Die etwas sehr zigeunerhaften Dänen bemerken den Schwindel auch erst, als sie das Geld in Kronen tauschen wollen. Das Problem des Films aber ist wieder einmal der Wille zum Dauerwitz und die ungeschickte Übertragung amerikanischer Vorbilder auf deutsches Unna-Ruhrpott-Niveau. Humor der subtileren Sorte ist eben der deutschen Kinoproduzenten Sache nicht, mit dem Holzhammer trifft man sicherer. Als Keek, Andy und Schlucke mit Ratte (so heißen die) die potente Spedition ausrauben, wird alles ein wenig zu bunt: Schlucke ist danach tot, Pferd Horst verliert beim Galopprennen, deshalb fehlt Kalles Geld, und der blöde Schließfachschlüssel ist auch weg. Den hat – welch ein Einfall! – Schlucke verschluckt und ist daran erstickt. Dafür bekommt er ein Privatbegräbnis, bei dem ihm der Schlüssel aus dem Hals geschnitten wird.
Das Schließfach übrigens steht im Flughafen. Außer im Film gibt's da natürlich keine Schließfächer. Aber die Mädels sollen von hier aus nach Mallorca fliegen. So viel zum Drehbuch. Bei manchen Filmen nützt auch schneiden nichts. Andreas Becker
„Bang Boom Bang“. Regie: Peter Thorwarth. Mit Oliver Korittke, Markus Knüfken u.a., Deutschland 1999, 107 Min.
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