: Kreuzberger Aufkleber entzweien die CDU
■ Die Ausländerbeauftragte kritisiert die JU-Kampagne „Deutschland muss in Kreuzberg wieder erkennbar sein“ als „vollkommen falsch“. Diepgen nennt Initiative „nicht ausländerfeindlich“. PDS: „Töne wie bei der NPD“
Als „menschlich abstoßend“ hat die Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) die umstrittene Aufkleber-Aktion der Jungen Union Kreuzberg verurteilt. „Jeder, der das liest, assoziert: Es gibt hier zu viele Ausländer“, sagte John über die Aufkleber mit der Aufschrift „Deutschland muss in Kreuzberg wieder erkennbar sein“. Mit den „eindeutigen Rechtsaußen-Tönen“ solle zum Ausdruck gebracht werden, dass die Vielfalt in Kreuzberg mit deutscher Kultur unvereinbar sei.
Für die türkischstämmige Bevölkerung sei die Kampagne „wie eine Backpfeife“, sagte John weiter. Zwar habe sie gegen Provokation im Wahlkampf im Allgemeinen nichts einzuwenden. Die Kampagne der Jungen Union Kreuzberg richte sich aber gezielt gegen Menschen. „Das ist für eine politische Partei unmöglich, es sei denn, es handelt sich um eine rechtsextreme Partei.“
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen verteidigte die Aktion hingegen als „nicht ausländerfeindlich“. „Wer den gesamten Text des Aufrufes liest, muss erkennen, dass diese Unterstellung falsch ist“, erklärte der CDU-Landesvorsitzende. In dem Schreiben des Kreuzberger JU-Kreisverbandes heißt es wörtlich, „dass die viel zu hohe Konzentration von integrationsunwilligen Ausländern in einem Bezirk die Hauptursache für das schlechte Ranking unseres Kreuzbergs ist“.
Die Junge Union Kreuzberg will die Aufkleber morgen an den Wahlständen der CDU im Bezirk verteilen. Die genauen Standorte sollten erst am Freitagabend bekannt gegeben werden. „Wir machen weiter“, sagte der JU-Kreisvorsitzende Scott Körber. Mehrere CDU-Kreisverbände hätten zu der Aktion gratuliert. Der Landesvorsitzende der Jungen Union, Thorsten Reschke, hält die Aktion zwar „persönlich nicht für besonders sinnvoll“, verweist aber auf die Autonomie der Kreisverbände.
Die Landesvorstandssprecherin der Grünen, Regine Michalik, bezeichnete die Aktion als „100 Prozent CDU“. Mit platten Stammtischparolen würden „bewusst ausländerfeindliche Vorurteile“ geschürt und der türkischen Bevölkerung Kreuzbergs die Schuld für die verfehlte Arbeits- und Sozialpolitik des Senats in die Schuhe geschoben.
Die PDS-Innenpolitikerin Marion Seelig sagte, „diese Töne könnten auch bei der NPD angesiedelt sein“. Der völkische Nationalismus der CDU sei nichts anderes als eine Umschreibung für „Ausländer raus“. Die PDS will die Kampagne in der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses thematisieren.
Die Kreuzberger SPD plant nach Angaben ihres Kreisvorsitzenden, Andreas Matthae, direkte Proteste vor den Ständen der CDU. Auch die Initiative „Immigrün“ und die Jungsozialisten haben angekündigt, gegen die „rassistische Stimmungsmache“ vorzugehen. Mit dem Aufkleber wolle die CDU um Stimmen aus dem rechten Lager werben.
Andreas Spannbauer
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