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Nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung

■ Kongress zieht Bilanz nach einem Jahr Aktionsprogramm „Tolerantes Brandenburg“: Fachleute befürchten, dass akzeptierende Jugendarbeit Rechtsextremismus nur kaschiert

In puncto Rechtsextremismus kann es ein Jahr nach dem Aktionsprogramm „Tolerantes Brandenburg“ und eine Woche vor dem immer wahrscheinlicher werdenden Einzug der DVU in den Brandenburger Landtag keine Entwarnung geben. So lautet das Resümee der ersten Konferenz des Jugendforums Brandenburg am Samstag in der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).

Das Jugendforum, ein Zusammenschluss nichtrechter Jugendgruppen aus zehn Brandenburger Städten, hat aber die Erfahrung gemacht, dass kritische junge Leute in den Kommunen seit dem Start des Programm der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“ nicht mehr in die Schmuddelecke gestellt und wegen ihrer Kritik an rechten Tendenzen als Nestbeschmutzer beschimpft werden. „Tolerantes Brandenburg“ sei also, so die Strausbergerin Susanne Lang, ein Schritt in die richtige Richtung.

Nun werde aber auch sichtbar, dass viele Kommunalverwaltungen und Landratsämter nicht Partner, sondern Zielgruppe antirassistischer Arbeit seien, stellt Ray Kokoschko, Mitarbeiter des Aktionsprogramms, fest. So beschäftige der Fall eines Asylbewerbers, der aus Angst vor rechten Schlägern, die ihn bereits misshandelt hatten, in eine andere Stadt hatte ziehen wollen, seit einem Jahr fünf Ministerien. Eine Lösung gebe es dennoch nicht.

Die Kritik der Antirassismuspezialisten, das Aktionsprogramm greife vor allem wegen mangelnder Toleranz in den Verwaltungen nicht, teilte auch der Vertreter des Brandenburger Jugendministeriums, Torsten Bänsch. Das Programm könne nur langfristig wirken, wenn Toleranz zur Leitlinie allen Verwaltungshandelns werde, erklärte er. Daher wolle die Landesregierung sogar die Unterbringung von Asylbewerbern in Sammelunterkünften überdenken. „Asylbewerber sind in vielen Kommunen die einzigen Fremden. Werden sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt, könnte das ein falsches Signal sein“, argumentierte Bänsch.

Die Teilnehmer forderten Politiker zu einem grundlegenden Umdenken über die Rolle der Jugendsozialarbeit in den neuen Bundesländern auf. Gäbe es in einer Region ein Problem mit rechter Jugendgewalt, so sähen Politiker die einzige Lösung in Jugendsozialarbeit, so die Erfahrung von Susanne Lang.

Die Leipziger Expertin Ilona Weber behauptete sogar, Sozialpädagogik lasse sich in den ostdeutschen Bundesländern dazu missbrauchen, ein Rechtsextremismus-Problem zu kaschieren und es letztendlich zu vergrößern. „Mit dem Ansatz der akzeptierten Jugendarbeit wird zudem suggeriert, die Identifizierung mit einer menschenverachtenden Ideologie wäre ähnlich wie Drogensucht therapierbar“, meinte Weber.

Wenn gewaltbereite Rechte sich in geschlossenen Räumen treffen können, so verschwinde das Problem von der Straße und aus dem öffentlichen Blick, berichteten mehrere Konferenzteilnehmer. Gerade in kleinen Städten, die sich nur einen einzigen Jugendtreff leisten könnten, müsse das unweigerlich zu einer Dominanz rechter Jugendkultur führen. Wer sich dem rechten Mainstrream nicht fügt, der gehört nicht dazu, wird ausgegrenzt und erlebt Gewalt oder aber er zieht aus der Gegend weg.

„Wo sich rechte Jugendliche breit machen, bleibt kein Platz für andere junge Leute“, bemängelte Ilona Weber. Die eigentlichen Opfer geraten völlig aus dem Blick.

Erschwerend komme hinzu, dass Sozialpädagogik in den Ostländern von oft nicht ausgebildeten ABM-Kräften geleistet werden könne, kritisierte Weber. Wegen der schlechten Bezahlung und der kurzfristigen Arbeitsverhältnisse hätten sich ausgewiesene Fachleute aus den Westländern noch nicht an der Arbeit beteiligt. Auch in der Fachöffentlichkeit und der Politik, bedauerte Weber, werde das Thema nicht diskutiert. Marina Mai

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