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„Als Türke bleibe ich Mitglied“

Vural Öger wirft Vorstand der Türkischen Gemeinde mangelndes demokratisches Bewusstsein vor und zieht seinen Austritt zurück  ■    Von Eberhard Seidel

Berlin (taz) – Mangelndes demokratisches Bewusstsein wirft der Chef des Reiseveranstalters Öger-Tours, Vural Öger, dem Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Hakki Keskin, vor. Vural Öger, stellvertretender Vorstand der TGD, trat vergangene Woche von seinem Amt zurück, nachdem Keskin die Hilfe der Bundesregierung für die Erdbebenopfer in der Türkei als „unwürdig“ bezeichnet hatte.

„Man kann eine Gemeinde nicht wie eine Partei führen“, kristisiert Öger den Führungsstil Keskins. „Die türkische Gemeinde erfährt keine breite Unterstützung der in Deutschland lebenden Türken. Deshalb sollte man auch vorsichtig sein, was man in welchem Namen sagt“, so der Hamburger Unternehmer. Öger möchte seinen Rücktritt als ein Signal verstanden wissen, das die Diskussion um die Führungsstruktur des Dachverbandes beleben soll. Öger wirft Kaskin unter anderem mangelnde Führungsqualität vor und meint: „Die Arbeit einer Gemeinde kann sich nicht im Verfassen von Presseerklärungen erschöpfen.“ Auch ginge es nicht an, ohne Abstimmung im Vorstand und mit den Mitgliedsverbänden im Namen der türkischen Community zu sprechen. „Wir sollten uns klarmachen, dass in der TGD wichtige Strömungen der in Deutschland lebenden Türken nicht vertreten sind – die religiösen und eher konservativen Kräfte.“

Öger, der wegen seiner Prominenz und Finanzkraft in den Vorstand gewählt wurde, zog nun seine Konsequenz. Er habe immer klargestellt, dass er aufgrund seiner beruflichen Belastung nur bedingt im Vorstand mitarbeiten könne. „Aber wenn Keskin auch in meinem Namen solchen Unsinn verbreitet, ist mir in diesem Fall der Ruf der Gemeinde wichtiger als die Freundschaft zu Keskin.“

Von seinem am vergangen Donnerstag gegenüber der taz und dem Focus erklärten Austritt aus der Türkischen Gemeinde Deutschland hat Öger wieder Abstand genommen: „Als geborener Türke kann ich nicht aus einer Gemeinde austreten. Zukünftig werde ich allerdings mein Engagement auf die Deutsch-Türkische Stiftung konzentrieren.“ In dieser Stiftung arbeiten eine Reihe deutscher und türkischer Prominenter an einer Verbesserung des deutsch-türkischen Verhältnisses.

Inzwischen hat Hakki Keskin den innenpolitischen Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, und den grünen Europaabgeordneten Ozan Ceyhun für die Krise der TGD ausgemacht. Sie wollten die türkische Community spalten, erklärte er in Hürriyet. Ein Vorwurf, der bei den Lesern auf fruchtbaren Boden fallen könnte. Seit Jahren führt Hürriyet-Kolumnist Ertug Karakullukcu einen Kreuzzug gegen die beiden. Für ihn sind sie vor allem eines – Vaterlandsverräter.

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