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„Ich bewundere immer noch das schöne Obst“

■ Was ist geblieben von der DDR (II): „Ich vermisse nichts“, sagt Monika Kurdek

Die 47-jährige Gärtnerin ist froh, dass sich so viel verändert hat.

Ich möchte keine DDR mehr haben, ich bin heilfroh, dass die Wende gekommen ist. Eigentlich ist gar nicht mehr viel übrig geblieben. Viele trauern der DDR nach, was ich gar nicht verstehen kann. Nur eins fällt mir auf: Die Jugend wurde zu DDR-Zeiten anders erzogen. Die Kinder hatten nicht so viele Freiheiten wie jetzt. Die haben jetzt zu viele Freiheiten. Mein Sohn, der gar nicht mehr weiß, wie die DDR war, hat sich so umgestellt, dass aus ihm richtig gut was geworden ist. Aber es gibt Jugendliche, denen es zu Hause nicht mehr gefällt, weil sie sich was sagen lassen müssen, und die zum Sozialamt gehen und sofort eine Wohnung bekommen. Das finde ich nicht so gut, die sollten ruhig ran. Aber das Problem ist, dass viele gar keine Interessen haben. Da müsste etwas härter durchgegriffen werden.

Ich habe das Glück, dass ich meine Arbeit immer noch habe. Es liegt ja auch an jedem selbst, ob er gerne arbeitet oder nicht. Man muss natürlich pünktlich sein und seine Arbeit machen. Ich bin eigentlich froh, dass sich so sehr viel verändert hat. Die schönen Kaufhallen! Das bewundere ich immer noch, das schöne Obst, das es gibt. Wenn man einen Job hat, dann geht es einem auch gut. Das ist meine Meinung. Ich bin zwar nur ein einfacher Arbeiter, aber ich kann mich eigentlich gar nicht beklagen. Der einzige Nachteil, der mich als Frau betrifft, ist die Kriminalität. Manchmal habe ich Angst, im Dunkeln auf die Straße zu gehen. Ich lebe allein und fahre abends nirgendwo alleine hin. Und den hohen Ausländeranteil finde ich auch nicht so schön. Sie können ja kommen, aber sie müssten sich dementsprechend den Deutschen anpassen.

Es gibt überall solche und solche Leute. Es gibt nette Westler und nette Ostler und nicht so gute Menschen. Ich vermisse gar nichts von der DDR. Ich halte nicht viel von Leuten, die nostalgisch sind. Ich kaufe auch ehemalige Ostprodukte, weil die Sachen wirklich gut sind. Der Schinken heute sieht zwar so schön rot aus, aber da ist meist Farbstoff drauf. Das war bei uns alles ein bisschen ökomäßiger und hat auch besser geschmeckt.

Nachteile gibt es immer, aber ich bin froh, dass es so gekommen ist, und ich hoffe, dass ich auch allein bis zur Rente zurechtkomme. Man darf nicht auf der faulen Haut liegen. Aufgezeichnet von Barbara Bollwahn de Paez Casanova

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