: Ökosteuer auf den Urlaub
■ Balearen-Regierung möchte Ökosteuern von Urlaubern, um die Inseln zu sanieren
Madrid (taz) – Klasse statt Masse, heißt das Tourismuskonzept des neuen Regierungspräsidenten der Balearischen Inseln, Fransesc Antich. Jetzt hat der Politiker, der seit Juli eine Koalition aus linken, ökologischen und nationalistischen Parteien anführt, vorgestellt, wie er die Besserung des Images der spanischen Urlaubsinseln im Mittelmeer finanzieren will. „Ökosteuer“ heißt das Zauberwort, mit dem sich der Sozialist Antich nicht nur Freunde schafft. 1.000 bis 1.500 Peseten (12 bis 18 Mark) sollen ab 2001 von jedem der rund 10 Millionen Besucher pro Jahr eingetrieben werden.
„Der Tourismus schädigt die Umwelt. Dem müssen wir abhelfen“, erklärt Antich. Mit den jährlich 180 Millionen Mark Extraeinnahmen sollen geschädigte Strände und Landschaften saniert werden. Außerdem möchte die Inselregierung verstärkt Landschaftsschutzgebiete einrichten, um so die zunehmende Zersiedlung der Inseln zu stoppen. Gezielte Investitionen in umweltfreundliche Verkehrsmittel, soll den Erholungswert der Balearen steigern.
„Nicht nur die Einwohner, sondern auch die Touristen werden von dieser Politik profitieren“, wirbt Antich für seine Ökosteuern. Die Vertreter des Tourismusgewerbes sind dennoch geteilter Ansicht. Während die Charterfluggesellschaften sich strikt weigern, die Ökosteuer mit den Tickets einzutreiben, kommt aus den Zentralen der großen internaionalen Tourismusunternehmen verhaltene Zustimmung. Die beiden deutschen Konzerne TUI und Neckermann, die beide jährlich je über 1 Million Urlauber auf die Balearen schicken, haben immer wieder eine Qualitätssteigerung der Balearen angemahnt. Vor Ort, beim Hotel- und Gaststättenverband scheiden sich die Geister. So sprach sich Verbandschef Fransico Mercadal wiederholt für die Ökosteuer aus, während die große Teile der Basis gegen die Regierungspolitik Sturm laufen. Sie glauben, dass die Steuer die Inseln im internationalen Wettbewerb benachteiligt.
Ein Argument, das Antich nicht akzeptieren will. Über 300 verschiedene Formen von Ökosteuern zählt die Welttourismusorganisation. So geht zum Beispiel in Tunesien 1 Prozent der Hotelrechnungen an einen Fond für Umweltprojekte. In Deutschland müssen Hotels und Gaststätten eine Abfallabgabe zahlen. In Frankreich werden die Fluggäste zur Kasse gebeten, um die Schallschutzmaßnahmen der Wohnungen rund um die Flughäfen zu finanzieren. Und in Norwegen zahlen sie einen Zuschlag, um den Ausbau des Zugverbindungen voranzutreiben. Eine besonders einfallsreiche Ökosteuer besteht in Südafrika. Dort zahlen die Hotels eine so genannte „toilet tax“, einen Obolus für jedes Klosett. Reiner Wandler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen