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Jetzt kommt Müller

■  Der „schwarze Peter“ ist am Ziel: Im Saarland sind 15 Jahre SPD-Herrschaft vorbei. Der neue Regierungschef gibt sich als „Querkopp“

„Ich glaube nicht, dass die FDP auf Dauer unter dem Sauerstoffzelt der großen Parteien handlungsfähig bleibt.“ – Peter Müller, designierter Ministerpräsident des Saarlands

Alles Müller, oder was? Alles Müller – in dieser Nacht im Landtag. Und auch am Tag danach. Und die nächsten fünf Jahre im Saarland und im Bundesrat. „Peter, Peter!“, skandierten seine „Conservative Kids“, die sich im Wahlkampf für ihn „voll reingehängt“ hatten. Politik oder Pop? Das ist den jungen Leuten egal.

Polonaise durch die Lobby. Vorneweg ein stoppelhaariger Sympathisant mit einrasiertem Markenzeichen: PMT – Peter-Müller-Team. Als ob der Regionalligist 1. FC Saarbrücken den Supercup gewonnen hätte, so fahren sie dann mit ihren schwarzen Golf-Cabrios und den tiefergelegten BMWs im Corso durch Saarbrücken; das kleine Schwarze wird zur Fahne; die Hose eines Aktivisten der Jungen Union auch: „Peter, Peter!“

Und was erwarten sie von „ihrem“ Peter Müller, dem neuen Regierungschef an der Saar? „Alles wird jetzt anders!“, schreit einer euphorisch: „Und besser.“

Aber was? Und wie? Müller greift ein: Das Saarland werde jetzt „Aufsteigerland“, ruft er laut. Da klatschen alle „Aufsteiger“ frenetisch: „Peter, Peter.“

Dass die SPD ihn im Wahlkampf den „schwarzen Peter“ nannte, fand Müller witzig. Und er konterte: „Lieber einen schwarzen Peter als die rote Laterne von der SPD.“ Eine Anspielung darauf, dass das Saarland – im ökonomischen Wettbewerb der alten Bundesländer – neben Bremen immer das Schlusslicht war. Weil das Land in den knapp 15 Jahren der sozialdemokratischen Herrschaft an der Saar immer am Tropf des „Reiches“ hing, habe die Psyche des Saarländers arg gelitten, analysierte Peter Müller.

Jetzt kommt Müller. Müller der „Modernisierer“ (Müller). Den Strukturwandel an der Saar will er konsequent vorantreiben: Weg mit Kohle und Stahl; her mit Hochtechnologie und Dienstleistungen. „Zukunftsprojekt Saar“ heißt das bei Müller, der am 25. September 44 Jahre alt wird. Unter seiner Regie werde das Land bald „auf eigenen Beinen stehen“. Die Frage danach, was er ändern will, hat er also – schon im Wahlkampf – beantwortet. Die Antwort auf das „Wie“ blieb er bislang schuldig.

In der Wahlnacht schenkte der „junge Wilde“, wie Müller seit seinen Verbalattacken auf Kohl in der Union noch immer gerne genannt wird, seinen „Conservative Kids“ noch einmal voll ein. Müller schrie nach „Schwarzbier“. Und gleich zehn Humpen wurden ihm gereicht. Ein „wahnsinniger Sieg“ (Müller) muss schließlich „wahnsinnig“ gefeiert werden.

Peter Müller – ein populistischer Politiker und ein Opportunist? Ein rechter Unionist? Ein linker Christdemokrat? Wer ihn „Querkopp“ nennt, darf mit ihm Skat spielen, oder Schach. Er passe in keine Schublade, sagt er. Genau das ist sein Image. Barsch beschimpfte Müller etwa die Initiatoren der Wehrmachtsausstellung. Doch dann boykottierte er überraschend die CDU-Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft; die sei „schäbig“. Seinem Wahlkampfteam gehörte das Direktoriumsmitglied des Zentralrates der Juden in Deutschland, Michel Friedmann, an. Das löste „Irritationen“ bei vielen Wählern und auch Parteifreunden aus. Müller störte sich nicht daran. Friedmann soll sein Kulturbeauftragter werden, nicht sein Minister.

Die Ministerriege lässt auch keine Rückschlüsse auf das zukünftige politische Credo des Ministerpräsidenten Müller zu. Der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes (NABU) soll Umweltminister werden; ein weiterer Schlag gegen die Grünen. Und das DGB-Vorstandsmitglied Regina Görner Sozial- und Arbeitsministerin. „Ein interessantes Personalangebot“ (Müller).

Übrigens: Als am Wahlabend zunächst alles nach einem Patt aussah und beim ZDF gar die SPD vorne war, lagen bei Müller die Nerven blank. „Ich bin zwar der Gewinner der Wahl, aber nicht der Sieger“, konstatierte er enttäuscht und schweißgebadet. Die „Kids“ hielten den Atem an. Nur die zukünftige First Lady, Astrid Müller, blieb cool: „Eine Zigarette rauchen und die nächste Hochrechnung abwarten.“ Die sorgte dann für Jubelstürme; und Frau Müller hatte noch nicht einmal halb aufgeraucht.

Klaus-Peter Klingelschmitt, Saarbrücken

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