: Europäische Arbeitspolitik auf dem Prüfstand
■ EU-Kommission gibt Deutschland schlechte Noten im EU-weiten Vergleich
Brüssel (taz) – Deutschland schneidet mit seiner Arbeitsmarktpolitik im europäischen Vergleich schlecht ab. Das geht aus einer Studie der Europäischen Kommission über die Beschäftigungspolitik in den EU-Ländern hervor, die heute veröffentlicht wird.
Anlass der Untersuchung war eine in Luxemburg vor zwei Jahren beschlossene „europäische Beschäftigungsstrategie“. Die EU-Länder hatten sich verpflichtet, die gesamte Politik der Gemeinschaft – sei es die Vorgabe des politischen Rahmens oder die Stützungspolitik – systematischer als bisher für die Beschäftigung zu mobilisieren, und nationale Aktionspläne gegen die Arbeitslosigkeit vorgelegt.
Zwar habe die Beschäftigung zum ersten Mal seit 1990 in allen Mitgliedstaaten zugenommen, „in Deutschland allerdings war das Wachstum nur marginal“, hieß es in einer EU-Bewertung schon vor einem Jahr. Geändert hat sich daran offenbar wenig: Der heutige Bericht zitiert für die Bundesrepublik eine Beschäftigungsrate im Dienstleistungssektor von nur 38,5 Prozent. Dabei werden vom Dienstleistungssektor die größten Wachstumsimpulse und damit vor allem neue Arbeitsplätze erwartet. Im Vergleich: Die „besten“ Länder erreichen hier einen Anteil von bis zu 50 Prozent.
Kritisiert werden an der deutschen Beschäftigungspolitik die „fehlenden Ambitionen, den Zuwachs von Langzeitarbeitslosigkeit auf das Niveau der am besten agierenden Mitgliedstaaten anzupassen“. In dem Bericht wird die Regierung aufgefordert, eine kohärente Strategie vor allem im Dienstleistungsbereich „anzunehmen und umzusetzen, regulative und steuerliche Maßnahmen“ durchzuführen und die Registrierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zu beschleunigen.
Da die Hilfe für KMU bereits einen wichtigen Teil der deutschen Beschäftigungsstrategie bildet, kann die EU-Bewertung durchaus als Vorwurf an die Politik der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder gelesen werden. Auch sollten die Arbeitskosten graduell reduziert werden. Zudem müsse Deutschland die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen besser sicherstellen – „eine der höchsten Zahlungslücken in der Union“. Peter Sennekamp
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