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Polizei verübt Präventivschlag gegen Kriegsgegner

■ Im Vorfeld der Tagung des Bundeswehrverbandes im ICC erneut Durchsuchungen

Die Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes hat gestern das „Büro für antimilitaristische Maßnahmen“ (Bamm), die Räume der „Jungdemokraten“ sowie drei Privatwohnungen von Bundeswehrgegnern durchsucht. Anlässlich der heute stattfindenden Tagung des Bundeswehrverbandes im Internationalen Congress Center (ICC) seien Sachbeschädigung oder Farbeierwürfe auf den Generalinspekteur der Bundeswehr zu befürchten, hieß es in einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Tiergarten. Die Bundeswehr habe Personen ermittelt, die Einlassausweise für die Veranstaltung im ICC angefordert hätten und auch an den Störungen des Gelöbnisses am 20.Juli beteiligt gewesen seien. Es sei davon auszugehen, dass ein größerer Personenkreis beabsichtige, sich Zutritt zu der nichtöffentlichen Veranstaltung zu verschaffen.

Laut Durchsuchungsbeschluss sollte die Maßnahme nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog) dazu dienen, gefälschte Einladungen sicherzustellen sowie Erkenntnisse über die Art und Weise der geplanten Störungen der nichtöffentlichen Veranstaltung zu erlangen. Die Durchsuchungen verliefen jedoch nach Angaben der Betroffenen ohne jeden Erfolg.

Bei den Jungdemokraten zogen die Staatsschützer nach einer halben Stunde ohne Ergebnis ab, wie Sabine Schaaf vom Neuen Forum, das die Räume an die Jungdemokraten untervermietet, berichtete. Frank Brendle, Sprecher des Bamm, sagte, es seien ausschließlich Gegenstände beschlagnahmt worden, die mit den Vorwürfen in keiner Weise in Verbindung standen. Darunter sei auch ein Plakat gegen den Kosovo-Krieg gewesen. Zudem hätten die Beamten rechtswidrig auch Unterlagen der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK) durchwühlt.

Der freie Journalist Thorsten Schröder, dessen Wohnung ebenfalls durchsucht wurde, erklärte, die Beamten hätten seine Akkreditierung für die Veranstaltung beschlagnahmt.

Die Betroffenen werten die Maßnahmen als Einschüchterungsversuch. Es gehe darum, antimilitaristische Bestrebungen auszuhorchen, so Bamm-Sprecher Brendle. „Das ist eine Vergeltungsaktion für die Schlappe beim Gelöbnis“, kritisierte auch Ralf Siemens von der Kampagne gegen Wehrpflicht.

Die Tagung des Bundeswehrverbandes im ICC, zu der 5.000 Teilnehmer erwartet werden, richtet sich gegen die geplanten Kürzungen im Wehretat. Die erste Protestkundgebung mit uniformierten Soldaten in der Geschichte der Bundeswehr sollte ursprünglich auf dem Alexanderplatz stattfinden. Nach den Störungen beim Gelöbnis hatte der Bundeswehrverband seine Demonstration ins ICC verlegt.

Die Kampagne gegen Wehrpflicht hat angekündigt, in der Wilmersdorfer Straße von 12 bis 13 Uhr Spenden für die „Not leidenden Streitkräfte“ zu sammeln. Gegen 14 Uhr will man die „Geld- und Sachspenden“ vor dem ICC an den Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, übergeben. Andreas Spannbauer

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