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Flughafen-Affäre: SPD attackiert Diepgen

■  Nach neuen Vorwürfen gegen Hochtief fordert Justizsenator Körting noch vor der Wahl eine Entscheidung über die erneute Ausschreibung. Die Verantwortung für das gescheiterte Verfahren trage der Regierende Bürgermeister

Im Streit um die vorerst geplatzte Privatisierung des Flughafens Schönefeld hat Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) gestern schwere Vorwürfe gegen den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) erhoben. Für das Scheitern des Ausschreibungsverfahrens seien die drei Gesellschafter der Flughafenholding verantwortlich, also neben dem Bund die beiden Länder Brandenburg und Berlin. „In Berlin liegt diese Verantwortung wesentlich beim Regierenden Bürgermeister“, stellte Körting fest. Diepgen habe alle wesentlichen Entscheidungen „unmittelbar oder mittelbar“ mitgetroffen. Wenn Diepgen jetzt versuche, den beteiligten Gesellschaften die Schuld für die Fehlschläge in die Schuhe zu schieben, dann sei das „Stoiber-Politik“.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Berliner Staatsanwaltschaft jetzt auch gegen zwei leitende Mitarbeiter der Flughafen AG Frankfurt/Main (FAG) ermittelt. Sie stehen nach Angaben der Justiz im Verdacht, Beihilfe zum Betrug geleistet zu haben. Die FAG gehört zum Hochtief-Konsortium, das ursprünglich den Zuschlag für den Bau des Großflughafens erhalten hatte. Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte das Verfahren auf Antrag des unterlegenen Bieters, der Bonner Investorengruppe IVG, für rechtswidrig erklärt.

Nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe verlangte Diepgen vom Chef der brandenburgischen Staatskanzlei, Jürgen Linde (SPD), den Aufsichtsrat der Projekt-Planungsgesellschaft Schönefeld (PPS) für heute zu einer Sondersitzung einzuberufen.

Auf der morgigen Senatssitzung will Körting beantragen, Hochtief von der weiteren Teilnahme am Wettbewerb auszuschließen. „Nach meiner Auffassung zwingen die bisher vorliegenden Fakten zu einem Ausschluss“, erklärte der Justizsenator. Körting forderte den Regierenden Bürgermeister auf, „die notwendigen – auch schmerzlichen – Entscheidungen zeitnah zu treffen – und nicht auf einen Zeitpunkt nach den Wahlen zu schieben“.

Damit fordert Körting faktisch eine komplette Neuausschreibung der Flughafenprivatisierung. Ein solches Ansinnen der Opposition hatten die beiden Regierungsfraktionen im Abgeordnetenhaus noch am Donnerstag abgelehnt. „Wir werden einen Weg finden, die Verhandlungen mit den beiden Bietern weiterzuführen oder neu aufzunehmen“, hatte Diepgen erklärt. Der Opposition hatte er vorgeworfen, „aus Wahlkampfgründen zu lügen“. Die grüne Fraktionsvorsitzende Renate Künast sei eine „Giftmischerin“.

rab/dpa/ADN

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