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Optimale Versorgung für Kinder

■ Kinderkliniken erinnern zum Tag der offenen Tür am Sonntag an drohende Leistungseinbrüche / Kindermedizin erfordert mehr Aufwand

Bremens Kinderärzte sehen mit Sorgen in die Zukunft. Die Krankenversorgung der Kleinen dürfe nicht nur medizinisch „ausreichen“ sondern müsse immer „optimal“ sein. Optimal heißt: Keine Unterbringung auf einer Erwachsenenstation, extra Kinderkrankenschwestern und Pflegepersonal und natürlich kinderärztliche Spezialisten. Anlass der Sorgen: der Tag des Kinderkrankenhauses am kommenden Sonntag. Und der generelle Ausblick auf die Gesundheitsreform 2000.

Bundesweit würden nur gut über 50 Prozent der Kinder in Kinderkliniken behandelt, klagten gestern die versammelten Chefärzte der Bremischen Kinderkliniken. Der Rest werde auf normalen Stationen für Erwachsenen betreut. Aber für den Heilungsverlauf bräuchten Kinder eine Atmosphäre die kindgerecht ist, fordern sie.

Im Gegensatz zu den Flächenländern herrschten in Bremen aber vergleichsweise bessere Verhältnisse, korrigierte Wilfried Bolles, der im Gesundheitsressort zuständig ist für die Krankenhäuser, die Ärztesicht. Fast immer würden die Kinder hier auch in einer pädiatrischen Fachabteilung versorgt. In weit über 80 Prozent, so schätzt Bolles. Die Versorgung in Bremen sei „hochqualifiziert“ und kindgerecht. Bis auf Einzelfälle würden die Kids auch von Kinderärzten versorgt.

20 Prozent der Gesamtbevölkerung sind Kinder, aber von den 6.500 Bremer Krankenhausbetten sind nur sechs Prozent, also 350 Betten, für Kinder reserviert. Bislang, so die Chefärzte der Bremer Kinderkrankenhäuser, war Bremen Oberzentrum für die medizinische Versorgung. Auch aus Niedersachsens Umland sind die Kids nach Bremen gebracht worden. Um das Niveau zu halten, müssten Spezialisten unter den Kinderkliniken miteinander ausgetauscht werden. Die Kinderkliniken müssten verstärkt miteinander kooperieren.

Das Problem der Ärzte allgemein, und der Kinderärzte im Besonderen ist die so genannte Leistungsverdichtung. Der Betreuungsschlüssel von 1969 für die Kinderklinik stimme hinten und vorne nicht mehr, heute würden immer mehr Kinder in Kliniken behandelt. Die Verweildauer aber sei bedeutend kürzer geworden. Sie ist von durschnittlich 18 Tagen auf nur noch fünf Tage gesunken. „Das ist wie auf dem Flughafen“, erklärt Chefarzt Hank-Iko Huppertz vom Krankenhaus St. Jürgen-Straße, „Start und Landung macht die meiste Arbeit“.

Bei kurzen Aufenthalten steige vor allem der Leistungsdruck auf die Ärzte. Hinzu komme die Belastung durch ambulante Betreuung. „Wir wollen das gerne tun“, sagen die Ärzte, „aber wir werden mit Mehrarbeit bestraft“. Denn der Personalschlüssel mache sich an den Belegungszahlen fest.

„Gerade bei Kindern ist der Betreuungsaufwand sehr viel höher“, klagt Huppertz. Denn Kinder könnten nicht einfach wie „kleine Erwachsene“ behandelt werden, weil sie nicht genau erklären können, wo es drückt und krankt. Untersuchungen dauern länger. Krank-heitsbilder verlaufen ganz anders. Und manchmal müssen kleine Zappelphillipe Narkose kriegen, wo Erwachsene still halten können. Dies erfordere höheren Personalaufwand und mehr Kinder-Spezialisten, argumentieren die Ärzte.

Kinderheilkunde sei so etwas wie eine „Luxusmedizin“, sagt der Bremer Kinderchirurg Dieter Booß, „aber die ist absolut notwendig.“ Schließlich ginge es dabei um die Zukunft der Kinder. pipe

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