: Neue Runde im Katholikenstreit
■ Konservative Kleriker haben im Tauziehen um die deutsche Kompromisslösung bei der Schwangerenberatung an Boden gewonnen. Treibt der Papst die Frauen aus der Kirche?
Castel-Gandolfo/Berlin (dpa/taz) – Nach dem gestrigen Treffen mehrerer deutscher Bischöfe mit dem Papst steht ein erneutes Tauziehen in der katholischen Kirche um die Schwangerenkonfliktberatung bevor. Bei dem mehrstündigen Besuch der Kardinäle Joachim Meisner (Köln), Friedrich Wetter (München) sowie Georg Sterzinsky (Berlin) und Bischof Karl Lehmann, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, in Italien ging es erneut um die Frage, ob die katholische Kirche im staatlichen Beratungssystem bleiben kann. Die Bischofskonferenz hatte sich im Juni auf eine Beratungsbescheinigung geeinigt, die vom Vatikan vorgeschlagen worden war. Auf dem Schein sollte vermerkt sein, dass er nicht für Abtreibungen verwendet werden könne. Er wäre aber dennoch vom Staat für die Abtreibung anerkannt worden. Sowohl im Vatikan als auch in der deutschen Bischofskonferenz gibt es Stimmen, die diese Lösung ablehnen und für einen völligen Rückzug der Kirche aus dem Beratungssystem plädieren.
Über den Inhalt der Gespräche mit der Vatikanspitze wurde zunächst nichts bekannt. In Vatikankreisen wird überwiegend mit einer Ablehnung der Kompromissformel gerechnet. Lehmann selbst sagte vor der Herbsttagung Interviews ab. Bei der Herbsttagung der deutschen Bischöfe wird nun der im Sommer gefundene Kompromiss wieder zur Debatte stehen. Darüberhinaus steht auch die Wahl des Vorsitzenden der Bischofskonferenz an – ob Lehmann erneut zur Verfügung steht, ist unklar.
Der neuerliche Streit war durch Kritik des konservativen Fuldaer Kardinals Johannes Dyba entbrannt. Dyba hatte Berichte, dass der Papst ein solches Vorgehen billige, als „ferngesteuerte Sommerente“ bezeichnet. Kirchenverbände und PolitikerInnen kritisierten das neue Aufheizen des Konflikts. Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) rief die Kirche auf, den Streit schnellstens beizulegen und nicht aus der Beratung auszusteigen. Die erneute Diskussion sei eine „unerträgliche Verunsicherung“ für die Schwangeren. oes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen