: Papst entzweit die Katholiken
■ Das bevorstehende Papst-Nein zur Kompromisslösung bei der Schwangerenberatung polarisiert die deutschen Katholiken. Private Vereine sollen künftig Beratungsstellen tragen
Hamburg (dpa) – Das offenbar bevorstehende Nein des Papstes zur Konfliktberatung für Schwangere polarisiert die deutschen Katholiken immer stärker. Befürworter der Kompromisslösung griffen gestern ihre konservativen Gegner massiv an.
Die „kleine, aber lautstarke Minderheit“ der Kompromissgegner, hätte das eigentliche Problem „unter einem aggressiven Wortschwall“ zugedeckt, sagte der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer. Der Chef der katholischen Laienorganisation sieht einen „offenkundigen Zusammenhang“ zwischen dem jetzt neu entfachten Streit und der anstehenden Neuwahl des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Auf der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe nächste Woche in Fulda will sich der Mainzer Bischof Lehmann, ein Befürworter der Kompromisslösung, erneut zum Vorsitzenden wählen lassen.
Meyer kritisierte namentlich den Kölner Kardinal Joachim Meisner, auf dessen Initiative hin der Besuch mehrerer deutscher Bischöfe im Vatikan am Mittwoch erfolgt sein soll.
Meyer warf den Kompromissgegnern vor, sich der Wirklichkeit entziehen und die Kirche in eine Festung verwandeln zu wollen. ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper sagte, es gebe Kreise in Deutschland, „die einfach keine Ruhe geben und immer wieder, quasi wie auf einer Wiederwahltaste, dieses Thema hochgeschaukelt haben“. Bei der Vollversammlung der Bischofskonferenz drohe eine „Zerreissprobe“. Vesper bekräftigte den ZdK-Plan, alternative Trägerstrukturen für die Beratungsstellen zu unterstützen. Ein Ausstieg aus dem Beratungssystem wäre „eine Art unterlassener Hilfeleistung“.
Das ZdK hat bereits eine Spendeninitiative für alternative Träger gestartet. Meyer brachte unterdessen die Gründung einer privaten Stiftung ins Spiel.
Vize-Unionsfraktionschef Hermann Kues, der auch ZdK-Mitglied ist, schlug in der Neuen Osnabrücker Zeitung die Gründung eines privaten Vereins vor, der die Fortsetzung der Beratungsstellen gewährleiste. Der Präsident des Familienbunds der Katholiken, Andreas Birkmann, appellierte in der Thüringischen Landeszeitung an die Bischöfe, im Konflikt mit Rom hart zu bleiben.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Christa Nickels (Die Grünen), sagte im Hessischen Rundfunk, sie setze darauf, dass die Mehrheit der Bischöfe und die katholischen Laienverbände die Schwangerenberatung in Trägerschaft der Laien übernähmen.
Auch der bayerische CSU-Landtagsfraktionschef Glück unterstützt entsprechende Pläne. Das Nein des Papstes zum deutschen Kompromiss kritisierte er als schwere Belastung der Kirche. „Die deutschen Bischöfe werden durch eine solche Entscheidung in ihrer Mehrheit gedemütigt“, sagte Glück in München. „Das wird die Polarisierung der Kirche in Deutschland weiter vorantreiben.“ Auch Glück befürwortet eine erneute Kandidatur Lehmanns als Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz.
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