Schwarze Löcher vor dem Bahnhof

■ Investor für Bahnhofsplatz offenbar abgesprungen / An der Stelle für das Bürohaus wurden Radständer montiert / Senat will Schulden „optisch“ in einem „Kapitaldienstfonds“ verstecken

Auf dem Bahnhofsplatz genau an der Stelle, wo Investoren ein modernes Bürohaus errichten sollen, wurden in den letzten Tagen merkwürdige Metall-Stangen montiert. Klare Sache, heißt es im Bauressort: „167 Doppelbügel zum Anschließen von Fahrrädern“.

Sollten hier nicht postmoderne Glasfassaden und schwarze Sherrifs dafür sorgen, dass auf dem Bahnhofsplatz teure Geschäfte entstehen und Junkies und Penner endgültig aus dem Stadtbild verschwinden? „Die Fahrrad-Ständer sollen mindestens zwei Jahre da stehen“, weiß man im Bauressort. Klammheimlich scheint das große Investitionsprojekt eingeknickt zu sein.

Das zuständige Wirtschaftsressort , das seine Zustimmung für die Fahrradständer gegeben hat, gibt sich zugeknöpft. Und das auch bei einer zweiten Frage: Eigentlich sollte der Erlös aus dem Grundstück einen großen Teil der Kosten für den Umbau des Bahnhofsplatzes decken. Diese Investitionen sind deswegen in den Investitions-Plänen der Stadt nicht eingeplant. Als der Bau losging, wurden die ersten Rechnungen schlicht aus Kassen-Krediten bezahlt. Das ist zwar rechtswidrig nach Landeshaushaltsordnung, aber man hatte ja die Hoffnung, der Grundstückserlös würde irgendwie zeitnah kommen.

Insgesamt 45 Millionen Mark sind inzwischen für den Bahnhofsplatz bezahlt, Rechnungen über rund 20 Millionen Mark stehen noch aus. Wie die Finanzierung nun erfolgen soll, darüber schweigt der Wirtschaftssenator. Nur soviel: „Sie wissen ja, dass es da ein Problem gibt.“

In der Senatssitzung am 14. September sollte das Problem (und andere) mit einem Federstrich gelöst werden: Ein „Kapitaldienstfonds“ sollte gegründet werden, sozusagen ein Topf für Investitionen außerhalb des regulären Haushaltes. 134 Millionen Mark für Ausgaben, die 1998 getätigt wurden, aber nicht in Haushaltsplänen stehen, sollten auf einen Schlag in diesen Topf umgebucht werden, darunter auch der Bahnhofs-Platz. Die Idee bei dieser Finanzierungs-Form: Im Staatsetat erscheinen nicht die vollen Schulden, im Falle des Bahnhofsplatzes also die 60 Millionen, sondern „nur“ Zins- und eventuelle Tilgungszahlungen. „Optisch“, so heißt es wörtlich in der Begründung des Senats, würden dadurch die Handlungsspielräume des Senats ausgedehnt, die „Zins-Steuer-Quote“ würde – „optisch“ – gedrückt. Im Paragraph fünf des Gesetzes sollte der Finanzsenator dann ermächtigt werden, für diesen Fonds „Kassenverstärkungskredite“ aufzunehmen. Die rechtswidrige Vorgehensweise im Falle des Bahnhofsplatzes wäre mit einem Händchenheben im Parlament legalisiert – „auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt“, wie es in der Begründung zu diesem Gesetzespassus heißt.

Der Senat hat den „Kapitaldienstfonds“ am 14. September aber nicht beschlossen, weil der Rechnungshof erhebliche Bedenken hatte und die Kaufleute in den CDU-Reihen diese Bedenken teilten: Wenn ein Teil der Investitionen außerhalb des Haushaltes über diesen Fonds finanziert werden, so erklärte der Rechnungshof, dann dürfen die Zinsen und Tilgungen für diese Kredite nicht aus neuerlichen Krediten finanziert werden, sondern müssen aus normalen Einnahmen stammen. Antwort des Senats auf diesen Einwand: Eine Finanzlage, die die Abzahlung der Kredite aus dem normalen Haushalt erlaubt, „wird als mittelfristig nicht erreichbar angesehen“. K.W.