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„Republikaner“ machen Propaganda der alten Schule

■ Mit Plakaten im Stil der Weimarer Republik führen die Rechtsradikalen den Wahlkampf. Der Abschluss findet ausgerechnet im Willy-Brandt-Saal des Schöneberger Rathauses statt

Kraftvoll zerschlägt die Faust die Buchstabenreihen „CDU“ und „SPD“, auch wenn man nach dem zugehörigen Unterarm vergebens sucht. Mit den Scherben der Großen Koalition werden auch die Feindbilder der „Republikaner“ hinweggefegt – die Stichworte auf dem Plakat lauten „Multikulti“, „Öko-Steuer“, „Sozialabbau“ oder „Rentenbetrug“. Darunter die Aufforderung: „Berliner, wehrt Euch!“

Im Stil der politischen Propaganda der Weimarer Republik haben die „Republikaner“ die Schlussphase ihres Wahlkampfes eingeleitet. Weitere Motive sollen nach Angaben von Landesgeschäftsführer Reinhard Haese folgen. 200 Exemplare der großflächigen Plakate hat die Partei bisher in der Stadt kleben lassen. Von Analogien will Haese jedoch nichts wissen: „Historische Vorbilder brauchen wir nicht.“

Aber es gibt sie. So schlägt auf einem Wahlplakat des „Völkischen Blocks“, der Ersatzorganisation der NSDAP während des Verbots in den Jahren 1923/24, eine Faust nicht auf Parteisymbole, sondern gleich auf Abgeordnete des Parlaments ein. „Wacht auf“, lautete damals der Appell an die „großdeutsche Volksgemeinschaft“.

Die Abschlussveranstaltung ihres Wahlkampfes wollen die „Republikaner“ ausgerechnet im Willy-Brandt-Saal des Rathauses Schöneberg durchführen. Am 4. Oktober soll dort der Bundesvorsitzende Rolf Schlierer sprechen. Die Mietverträge sind nach Angaben der Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer (Grüne) bereits unterzeichnet. „Ich will nicht an die Republikaner vermieten“, sagte Ziemer. Doch schon vor Jahren habe die Partei vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich dagegen geklagt, dass das Rathaus die Räume verweigerte.

Die Fraktion der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat dennoch einen Dringlichkeitsantrag gestellt, in dem das Bezirksamt aufgefordert wird, von dem Mietvertrag zurückzutreten. Die Veranstaltung werde „mit Sicherheit“ auf großen Protest stoßen. Personen- und Sachschäden seien nicht mehr auszuschließen.

Neben Störungen durch linke Gruppen seien auch Querelen zwischen den „Republikanern“ und der konkurrierenden NPD zu erwarten, erklärte Bezirksbürgermeisterin Ziemer. Der Hintergrund: NPD und „Republikaner“ lassen im Wahlkampf kaum eine Gelegenheit aus, sich in die Haare zu geraten. Zuletzt zerstörten NPD-Sympathisanten nach Angaben des stellvertretenen Landesvorsitzenden der „Republikaner“, Sven Thomas Frank, Plakate der Reps in Hellersdorf und ersetzten diese durch eigene. Der „Republikanischen Jugend“ gelang es im Gegenzug, den rechtsextremen Liedermacher Frank Rennicke, der sonst der NPD nahe steht, für ein Konzert zu gewinnen, das am 8. Oktober in der Innenstadt geplant ist. Von der Einladung des neonazistischen Barden will sich auch die Mutterpartei nicht distanzieren. Haese: „Wir lassen die Jungen mal machen.“ NPD-Pressesprecher Thomas Salomon bedankte sich seinerseits über die „unerwartete Wahlhilfe“.

Die NPD ist bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus chancenlos. Den Reps sagen die Meinungsforscher dagegen 4 Prozent, im Ostteil der Stadt sogar 6 Prozent der Stimmen voraus. Andreas Spannbauer

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