: Bischöfe sehen keinen Spielraum
■ Konfliktberatung bald durch Kirchenbasis
Berlin (taz) – Der Mainzer Bischof Karl Lehmann ist gestern erneut zum Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz gewählt worden. Mit einer klaren Zweidrittelmehrheit sprach sich die Vollversammlung in Fulda für den Mainzer Bischof aus. Dass die Konferenz eine so klare Entscheidung auch zu dem zweiten Thema ihrer Beratungen treffen wird, ist unwahrscheinlich. Der mittlerweile bekannt gewordene Papstbrief zur katholischen Schwangerenberatung lässt nach Aussage Lehmanns „nicht viel Spielraum“ für eine Beteiligung der Kirche am staatlichen Beratungssystem. In dem Brief stellen die Kardinäle Josef Ratzinger und Angelo Sodano klar, die Intention des Papstes sei, „dass der Schein nicht mehr geeignet ist, den Zugang zur Abtreibung (...) zu eröffnen.“ In Bezug auf den Schein mit dem Zusatz, er könne für die Abtreibung nicht verwendet werden, heißt es in dem Schreiben: „Es ist nicht zu sehen, wie die Kirche in der Beratung (...) bleiben kann, falls die staatlichen Stellen den genannten Zusatz faktisch ignorieren.“
Heute werden sich die Bischöfe weiter die Köpfe über diese Sätze zerbrechen. Es sei wahrscheinlich, so Lehmann, dass „der Schein, wie wir ihn jetzt kennen, kaum realisierbar sein wird“. Jetzt sei das Gewissen der Bischöfe gefragt. Jeder einzelne Bischof müsse sich entschließen, ob er aus der Beratung aussteigen wolle oder nicht. Auch über die Frage, ob die Laien die Beratung übernehmen könnten, müsse nun „ruhig und ohne falsche Dramatik“ gesprochen werden.
Die katholischen Laien kündigten unterdessen die Gründung von Vereinen an, in denen die katholische Konfliktberatung fortgesetzt werden soll. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken erklärte, zunächst werde der Verein „Donum Vitae“ (Geschenk des Lebens) katholische Einrichtungen zur Schwangerenberatung bündeln. Dann sei eine Stiftung geplant, sagte ZdK-Sprecher Theodor Bolzenius. Der Laienbewegung gehe es darum, den Schutz des Lebens in der Schwangerenberatung dort zu unterstützen, „wo die Bischöfe nicht mehr handlungsfähig sind“. Unterstützt wird die Initiative von Politikerinnen wie der Vorsitzenden des Familienausschusses im Bundestag, Christel Hanewinckel (SPD), der CDU-Politikerin Rita Süssmuth und der bayerischen Sozialministerin Barbara Stamm. Heftige Kritik an den Hirten übte die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“: Mit „ihrem Machtgerangel und dem Schlingerkurs“ hätte die Amtskirche sich in eine Sackgasse manövriert, klagte der Sprecher Christian Weisner. Heide Oestreich
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