piwik no script img

■ Zur Person„Machen Sie uns nicht kaputt“

Wird er gleich hinter dem Rednerpult hervortreten, zur erhöhten Karlsruher Richterbank eilen und Jutta Limbachs Hand ergreifen? Nein, Henning Scherf hat es nicht getan, aber gewundert hätte es auch niemand. Einen so emotionalen Auftritt eines Regierungsmitglieds hat es vor dem Bundesverfassungsgericht bisher selten gegeben.

Beim Verfahren um den Länderfinanzausgleich kam Henning Scherf nach den Ministerpräsidenten der klagenden Länder an die Reihe – nach Erwin Teufel, Edmund Stoiber und Roland Koch. Während seine Vorredner ein wohlabgewogenes Manuskript vortrugen, sprach Scherf in freier Rede – trotz mitgebrachtem Redetext – von der 1.000-Jährigen „historischen Identität“ des Landes Bremen, nur „Napoleon und Hitler“ hätten es gewagt, sie in Frage zu stellen. Von der „wirtschaftlichen Stärke“ des Stadtstaates kündete er – eines Stadtstaates, der auch in Europa an der Spitze liege.

Und doch ist Bremen „fundamental“ bedroht durch die Klage der Südländer. Dabei habe gerade Bayern den Sanierungskurs des Landes „ausdrücklich“ gelobt. Und nach dieser eindrücklichen Schilderung von Tief- und Höhepunkten Bremer Stadtgeschichte holte Henning Scherf aus zum furiosen Finale.

Er beschwörte das Gericht: „Unterstützen Sie uns!“ Er flehte: „Machen Sie uns nicht kaputt!“ Aber Paul Kirchhof fand es vermutlich übertrieben. Und Gerichtspräsidentin Jutta Limbach weinte nicht. Sie wies lediglich trocken darauf hin, dass es in diesem Verfahren um den Austausch verfassungsrechtlicher Argumente geht. Christian Rath

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen