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Witzwart und Pionier des Schüttelreims

■ Festrede zum 50-jährigen Dienstjubiläum von Karl Mapp

Schwer vermehrte Festgäste, Kammraden, Genießen und Genossen, trübe Gemeinde und alle sonstigen Verwesenden!

Ich darf Sie alle recht herzlich zum Kameradschaftsabend des deutschen Humoristenhilfwerks in der Sauerlacher Oberlandhalle begrüßen. Doch bevor wir zum Rechenschaftsbericht der Sektion Wortspiel kommen, lassen Sie mich ein paar Worte über Karl Mapp, unseren Jubilar und Ehrennachsitzenden, verlieren. Hahaha, kleiner Scherz kurz vor dem Grabesrande.

Ja, unser Karl begeht heute sein 50-jähriges Dienstjubiläum als Witzwart, und deshalb denke ich, wir sollten die Gelegenheit benutzen, ins Glas zu schauen, äh, und natürlich zurück, zurück auf den legendären Rüttelschleimer, scusi, Schüttelreimer, den wir alle in Karl Mapp bewundern. Unsterbliche Zeilen, unvergessene Zweireiher gingen ihm so locker vom Hocker wie anderen der Schweiß in die Socke – aber wem sage ich das?

Sicher es ist nicht leicht, einen Titanen zu ehren, aber es wird mir wohl niemand widersprechen, wenn ich sage, Karl Mapp war und bleibt unser stets gag-genauer Gaggenauer, ein Querdenker und Querlenker unserer Vereinigung auch und gerade in Zeiten der humoristischen Talsohle. Keiner würde ihm seine 90 Jahre ansehen, geschweige denn abnehmen, so jugendlich frisch, wie er zwischen uns vor sich hinmümmelt. Wohl niemand von uns – und ich sage dies ohne Wenn und Laber – würde ihn älter als 88, allerhöchstens 89 Jahre schätzen. Wie dieser alte Wortspieler das angestellt hat, ist und bleibt sein Geheimnis.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte finden über die unvergessenen Leistungen seines Lebens. Geboren im Schleswig-Hohlsteinischen als Sohn eines spätberufenen Kammerzofenjägers erblickt er schon früh die Gicht der Welt. Als Schüler von Johannes Spiehs erlernt er das Handwerk des Reimschüttelns von der Pike auf, dient bei der Wehrmacht als Kasino-Conférencier im Range eines Obergefreiten und rührt schließlich bei Rommel, dem Wüstenfuchs, die Trommel. Nach dem Kriege promoviert er bei Prof. Ollenhauer über „Die Entstehung von Brandungslücken in der Nähe von Landungsbrücken“ und eröffnet in Duderstadt Deutschlands erstes Fachgeschäft für Lachbedarf. Doch das Schicksal hat Größeres mit ihm vor: Zwei Wochen später erhält er einen Ruf an die Weiterbildungstagesstätte der Butterfahrtveranstalter, wo er den Lehrstuhl für „Deutsches Witz gut!“ besetzt und in den darauffolgenden Jahrzehnten rasch zum Doyen der deutschen Alleinunterhalter avanciert.

Sein Lebenswerk ist geprägt von Verbrechern, 'tschuldigung, Versprechern aller Art, doch wie er stets und immer wieder aus den Klauen des Kalauers, den Fängen der Fehlleistungen hat Kapitel schlagen können, zeigt die klare Rasse, äh, die rare Klasse unseres bei allem Hochmut bescheiden gebliebenen Mittfünfzigers.

Ja, die Zeit ist gekommen, Rückschau zu halten auf ein bewegtes, oft auch stürmisches, manches Mal gar sturmzerzaustes Leben. Und es ist wohl nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass er wie der sprichwörtliche Wüster in der Rufe stand. Sein Beispiel ist noch heute beeinbrechend und manchem von uns zur Nachahmung empfohlen. Sicher, wie jedes bessere Leben gab es auch in seinem Schicht und Latten, aber das gehört ja zu den Selbstverständlichkeiten, mit denen ich Sie hick et grunz, wie der Lagreiner sagt, nicht weiter behelligen oder gar ihre Stimmung verdüstern will.

Nur so viel: Karl Mapp ist nie ein Bequemer gewesen, stets hatte er, äh, war er Sand im Getriebe der Zeit, Kies in der Kupplung des Schicksals und in gewissem Sinne auch Gips im Gebälk der Gezeiten.

In diesem Sinne: Prost!

Rüdiger Kind

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