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Politische Chronik der Volksrepublik

Am Anfang der Volksrepublik sagte Mao: „China ist aufgestanden.“ Doch in Wirklichkeit lag das Land am Boden. Verfolgung und Bürgerkrieg unter der von 1928 bis 1949 währenden Herrschaft des Nationalisten Chiang Kaisheks hatten nach westlichen Quellen zehn Millionen Todesopfer gefordert. Außerdem hinterließ die japanische Besatzungsmacht (1937 – 1945) je nach Höhe der Schätzung zwischen anderthalb und sechs Millionen Opfer. Hinzu kamen weitere zehn bis fünfzehn Millionen Menschen, die in dieser Zeit durch Hunger oder Krankheit starben.

Neben dem unendlichen Leid der Bevölkerung war aber auch die wirtschaftliche Produktion im Gründungsjahr 1949 fast vollständig zerstört; der Wiederaufbau konnte durch die Unerfahrenheit des neuen Regimes nur langsam in Gang kommen.

Die Kommunisten begannen mit der Landreform von 1950, mit der sie vielen Bauern, die bis dahin in bitterster Armut gelebt hatten, neue Möglichkeiten des Fortkommens boten. Mit dem von ihnen eher ungewollten Koreakrieg (1951 – 1953) landeten die Kommunisten trotz hoher Verluste einen unerwarteten Propagandaerfolg: China hatte dem Westen getrotzt und die Kommunisten sich mit Unterstützung der Bevölkerung fest an der Macht in Peking etabliert.

Erst jetzt folgten die ersten Massenkampagnen, die die Menschen zum Gehorsam zwangen. Gleichzeitig zog die Wirtschaft an – zur Beunruhigung Maos, der zu viel Individualismus im Spiel sah und deshalb die Kollektivierung verlangte, die Ende der fünfziger Jahre zum Jahrhundertverbrechen des Großen Sprungs nach vorn führte. Nach westlichen Schätzungen bis zu 30 Millionen verhungerten zwischen 1959 und 1962, als die Bauern ihre Felder nicht mehr bestellen durften, weil sie die KP auch dann noch zur Stahlproduktion zwang, als die Hungersnot schon eingesetzt hatte.

Nach dieser Katastrophe übernahm zum ersten Mal Deng Xiaoping die Steuerung der Wirtschaftspolitik – mit sofortigen Erfolgen, denen wiederum Mao Einhalt gebot, als er 1966 die Große proletarische Kulturrevolution ausrief, der die damalige Jugend in China und im Westen begeistert folgte. Unter dem Motto „Bombardiert das Hauptquartier“ versank China über Jahre in Anarchie, alle Universitäten blieben bis 1977 geschlossen, der Schulunterricht fand auf dem Bauernhof statt, eine Million Menschen starben im Arbeitslager.

Erst nach Maos Tod 1976 kam Ruhe ins Land, und Deng konnte ab 1978 endgültig als sein Nachfolger regieren. Seitdem weist China die durchschnittlich höchste Wachstumsrate in der Welt auf, doch schon der erste Wachstumsrückgang Ende der achtziger Jahre führte erneut in die Krise, die im Massaker auf dem Tiananmenplatz gipfelte.

Im Zuge der Asienkrise erlebt China nun erneut eine Phase sinkender Investitionen und steigender Arbeitslosigkeit. Über 25 Millionen Angestellte überalterter Staatsbetriebe verloren in den vergangenen zwei Jahren ihren Job. Der Weltbank zufolge wird China das erhoffte Wachstum von sieben Prozent dieses Jahr nicht erreichen.

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