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Strom wird billiger – oder grün und teurer

■  Der Energieversorger Bewag senkt zum 1. November die Strompreise auch für Privatkunden. Vier Tarife stehen zur Auswahl. Wer Ökostrom haben will, zahlt am meisten. Grüne: Tarifkonzept reizt zum Mehrverbrauch

Umweltschweine können ab 1. November beim Stromverbrauch Geld sparen, doch Ökoengel müssen mehr zahlen. Die BerlinerInnen bekommen nun die Wahl zwischen vier Stromtarifen. Dabei ist Strom umso teurer, je umweltschonender er produziert wurde. Grundsätzlich senkt die seit zwei Jahren privatisierte Bewag dabei nun auch für die Privatkunden ihre Preise – vier Jahre nachdem schon die Industriebetriebe billigeren Strom kaufen konnten.

In Zukunft kann jede(r) wählen, welche Art Strom er von der Bewag will: „BerlinKlassik“, „ÖkoPur“, „MultiConnect“ oder „MultiConnect 24“. Wer „BerlinKlassik“ bezieht, zahlt statt bisher 34 nur noch etwa 30 Pfennig pro Kilowattstunde (kWh). Der Grundpreis, also das, was man jeden Monat auf jeden Fall zahlen muss, beträgt dabei 5,50 Mark. Jeder bisherige Kunde der Bewag erhält automatisch diesen Strom, er muss nichts dafür tun. Der „BerlinKlassik“-Strom kommt zukünftig nur noch aus der relativ umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung – ein Viertel des bisherigen Stroms stammt aus Braunkohle-Dreckschleudern der Lausitz.

Wer's noch billiger haben will, kann auch den Strom „MultiConnect“ oder „MultiConnect 24“ bekommen. Der Grundpreis liegt dann etwa bei 20 Mark im Monat, dafür zahlt man nur noch circa 22 Pfennig pro kWh. Bei „MultiConnect 24“-Strom senken sich die Ausgaben eines durchschnittlichen Berliner Vierpersonenhaushalt mit etwa 3.750 kWh im Jahr von etwa 1.341 Mark um 285 Mark – das ist gut ein Fünftel der bisherigen Summe. Der Nachteil: Die Bewag schafft diesen niedrigen Preis nur, indem sie selbst billigen Strom einkauft – und darin kann dann auch Atomstrom sein.

Wer reinen Gewissens Strom verbrauchen will, kann allerdings auch den „ÖkoPur“-Tarif wählen. Er/Sie zahlt dann über 39 Pfennig pro kWh. Dafür hat der Verbraucher die Garantie, dass dieser Strom nur aus regenerativen Energien, also etwa Wasser- oder Windkraft, stammt.

Der bündnisgrüne Umweltexperte Hartwig Berger kritisiert den Billigstrom „MultiConnect“: „Mit dem hohen Grundpreis und einem niedrigen Kilowattpreis wird der Verbraucher dazu animiert, viel Strom zu verbrauchen – ansonsten lohnt es sich für ihn nicht.“

Die Grünen fordern eine gesetzliche Quote für Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung. Das schlug auch der ÖTV-Chef Herbert Mai gestern bei einer Demonstration von Beschäftigten aus Kraftwerken und Nahverkehrsunternehmen in Berlin vor – allerdings aus anderen Gründen. Mai fürchtet, die billigen Atomkraftwerke könnten die Kraft-Wärme-Kraftwerke verdrängen, die meist den Kommunen gehören und viele städtische Angestellte haben.

Philipp Gessler

Infos über die Bewag-Tarife unter: (0180) 155 11 55. Zusätzlich informieren „Naturstrom“: (0211) 770 96 86 0, Greenpeace: (040) 306 18 120 oder die Verbraucherzentrale: (030) 214 85 170.

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