: Unterm Strich
Er durfte sich schon Witze für Harald Schmidt ausdenken. Zwei Romane veröffentlichen. Mit Christian Kracht koksen. Und jetzt auch noch als Redakteur für die „Berliner Seiten“ der FAZ schreiben. Er hat viel erreicht. Mit 24 Jahren. Voll okay. Aber: Erst jetzt hat er es wirklich geschafft. Benjamin von Stuckrad-Barre goes tabloid: Gestern war er im Berliner Boulevarblatt B. Z. abgebildet – in einer Ausgabe mit Ina Werner („Busen-Star“), Peter Sloterdijk („Philosoph“) und Martin Semmelrogge („mit 2,1 Promille durch eine Baustelle“). Die B. Z. berichtet über „heftiges Flirten“, „Umarmungen und Küssen“ zwischen Benjamin von Stuckrad-Barre („Kult-Autor“) und Comedy-Star Anke Engelke („hübsch“). Die ist verheiratet: „Nicht witzig für den Ehemann“, titelt die B. Z. mit gewohnter journalistischer Klarsicht, und weil Anke Engelke („Ich küsse viele Männer und viele Frauen“) schon 33 Jahre alt ist, wird in einer Bildunterschrift die besorgte Frage aufgeworfen: „Ist er nicht ein bisschen jung?“ Die Frage nach der Zukunft des so genannten Berlin-Feuilletons ist damit jetzt geklärt: Es wird in den Klatschspalten stattfinden. Nicht: Wer schreibt was oder worüber. Sondern: Wer geht mit wem und wie oft ins Bett. Die taz wird natürlich ganz vorne dabei sein. Wo sonst.
Er hat Kettensägenmassaker veranstaltet, mit Pornostars gefilmt und den Kanzler beschimpft. Christoph Schlingensief, 38, ist der Spezialist für Terror auf deutschen Theaterbühnen. Als Politiker kandidierte Schlinge mit seiner Chance-2000-Partei (0,2 Prozent), als Kriegsgegner fuhr er mit dem Taxi von Makedonien ins Kosovo. Jetzt sorgt eine neue Aktion des Berliner Volksbühnen-Regisseurs („Rocky Dutschke“) für Ärger: Schlingensief hat in einer Regensburger Fußgängerzone rechtsradikale Parolen wie „Deutschland wird befreit“ und „Jugend wird befreit“ aus einem Autolautsprecher skandiert. Laut Polizeiangaben sollen zusätzlich Deutschlandfahnen und der Aufkleber „Nationale Front“ am Auto angebracht gewesen sein. Schlingensief sieht darin einen Protest gegen den Nationalsozialismus. Nun soll die Staatsanwaltschaft prüfen, ob die rechten Äußerungen Kunst sind. Außerdem wird Schlingensief vorgeworfen, unangemeldet durch die Fußgängerzone gefahren zu sein.
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