: taz-LeserInnen-Aktion
■ Wir haben euch unsere Stimme nur geliehen
Nach einem Jahr Rot-Grün fragen wir: Was halten Sie heute von unserer Regierung? Geben Sie Ihre Stimme noch einmal ab. Kurze Antworten an die taz, Stichwort Rot-Grün, Kochstr. 18, 10969 Berlin; Fax: (030) 2 51 93 16; E-Mail: lesertaz.de
Gefrustet? Na klar! Und dennoch ist Schröder der einzige deutsche Politiker, der versteht, was nationalstaatliche Politik in Zeiten der Globalisierung noch zu leisten vermag: Sie kann auf den unumkehrbaren Prozess dieser technischen Revolution nur noch re-agieren und zwischen den Interessen moderieren.
Für den Bürger bedeutet das: Wie die Wirtschaft erhalten wir mehr Mitspracherecht, müssen den Freiraum aber genauso nutzen. Deshalb: Eigeninitiative zeigen, rein in Interessenverbände, Anliegen in die Medien tragen. Nur dann kommt die internationale Zivilgesellschaft. Und unser grünes Herzensanliegen Atomausstieg lässt sich durch gewaltfreie Präsenz beim Castor schon bald realisieren, während Müller und Trittin noch immer Grundsatzdiskussionen führen!
Wolfi Borchers, Berlin
Schon kurz nach dem Regierungswechsel in den Siebzigerjahren hat eine kleine Gruppe SPD-Linker (Stamokap) unser politisches System auf den Punkt gebracht. Die Demokratie ist demnach eine Hülle, die die Macht der Monopolkapitalisten (Banken und Konzerne) bemäntelt.
Man / frau sollte das Augenmerk mehr darauf richten, dass wir von Banken und Konzernen regiert werden. Der Anteil, den die Politik leisten kann, ist sehr gering. Politiker sind die Vermittler zwischen den Mächtigen und den Abhängigen. Wer wirklich eine Veränderung will, der / die wird es wohl selber tun müssen.
Peter Gabler, Bruchweiler
Man weiß gar nicht, wo man mit den Versäumnissen anfangen soll. Als erstes: Grauenhafter Zickzackkurs, sobald eine Lobbygruppe schreit. Und aus aktuellem Anlass: 12 Monate in der Verkehrspolitik komplett verpennt!
Angelika Eder, Hamburg
Meiner lieben „Spielbeinpartei“: / Den Reichen nehmen, / den Abgehängten Chancen geben. / Die Wirtschaftsbosse in unsere Schranken weisen, / endlich wieder Politik betreiben. / Die Umwelt schützen, / Autos weniger und AKWs gar nicht mehr benützen. / Die Ursachen für alle Kriege (auch die „gerechten“) bekämpfen, / jede Kriegseuphorie dämpfen. / Vielleicht bin ich ein Träumer, vielleicht zu radikal. / Wer die Wahl hat, hat wohl doch nur die Qual. / Grüne, macht ihr so weiter wie bisher, / dann gibt's euch bald nicht mehr. / Schade eigentlich!
Thomas Brauer, Bergheim
Avanti dilettanti!
Klaus Merkle, Waiblingen
„Wir werden nicht alles besser machen, aber vieles anders.“ Solche und ähnliche Sprüche nährten meine Hoffnung auf Besserung der Regierungspolitik und veranlassten mich, Grün zu wählen. Aber: Die Almosen, die Schröder & Co. verteilten, sind real nicht spürbar, für grüne bzw. sozialdemokratische Grundhaltung und Politik werden fähige Köpfe zu Sündenböcken degradiert und öffentlich demontiert (Trittin, Klimt), Deutschland führt einen nicht legitimierten Angriffskrieg, notwendige Einsparungen gehen weiterhin zum größten Teil auf Kosten der Wenigverdiener, die Umwelt- und Atompolitik ist noch immer eine Farce. Mein nächstes Kreuz? Weiter nach links, PDS. Wenn die Namen und Parteien hinter der menschenverachtenden, sich beim Kapital anbiedernden Regierungspolitik austauschbar sind, muß eine starke soziale und wirklich demokratische Opposition geschaffen werden.
Frank Binnewitt, Oberhausen
Rot-Grün macht nichts besser, nur manches etwas anders. Politik soll zukunftsfähige Perspektiven für alle Menschen gestalten, anstatt kuzsichtigen Kapitalverwertungsinteressen zu huldigen. Das aber setzt voraus, dass PolitikerInnen ihrer Verantwortung für‘s Gemeinwohl gerecht werden. Wer Machterhalt zum Selbstzweck stilisiert, riskiert eine Glaubwürdigkeitskrise, die nur schaden kann: Rot-Grün, ihren WählerInnen, und nicht zuletzt der Demokratie.
Ulf Schlieker, Rostock
Von wem man nichts erwartet, der kann einen auch nicht enttäuschen. Wenn man aber 16 Jahre diese unselige schwarz-gelbe Regierung ertragen musste und sich im Herbst 1998 freute, dass endlich Schluss war mit Kohl, dann musste die Enttäuschung, dass diese Regierung noch schlimmer ist als die alte, umso heftiger sein. Aus Pazifisten werden plötzlich Angriffskriegsverbrecher; aus Politikern, von denen man das Schließen von sozialen Gerechtigkeitslücken erwarten konnte, werden plötzlich schlimmste Neoliberale; aus Atomkraftgegnern werden plötzlich Garanten der Atomwirtschaft, die für eine Effektivierung und Sicherung dieser in der Bevölkerung verhassten Energieform sorgen.
Dass dies so laufen würde, wenn die SPD den Lokführer stellt, hatte Jutta Ditfurt schon vor vielen Jahren vorausgesagt. Nur wollte ich ihr nicht glauben, weil ich nicht ganz und gar mutlos werden wollte. Nun bin ich es!
Und wählen gehe ich bestimmt nicht mehr, weil es eh egal ist, wer den Turbokapitalismus perfektioniert!
Hanns Blunck, Tespe
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