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Serienkillerin als Obsession

■ Ein halbautistischer Schotte reist kreuz und quer durch ein unwirkliches Amerika: Stephan Elliotts stilisierter Thriller „Eye of The Beholder“ beim Filmfest

Detektive sind arme Schweine: Immer müssen sie zusehen, wie andere Leute ein aufregendes Leben haben. Aus den beobachteten Episoden fügen sie dann nach und nach ein Bild zusammen, das am Ende den Ablauf eines Verbrechens zeigt. Und das Beobachten wird so sehr zum Selbstzweck, zum Lebensersatz, dass die Existenz des Detektivs nur noch an der distanzierten Teilnahme hängt. So war es in Paul Aus-ters City of Glass zu lesen – und in Marc Behms Eye of The Beholder, den Stephan Elliott jetzt verfilmt hat.

Genregemäß wird ein Überwachungsexperte des britischen Geheimdiensts, genannt „The Eye“ (Ewan McGregor), beauftragt, eine junge Frau (Ashley Judd) zu beschatten, die einen Diplomaten erpresst. Der halbautistische Schotte findet heraus, dass sein Objekt eine Serienmörderin ist, die jeden Mann tötet, der ihr zu nahe kommt. „The Eye“ erliegt der Faszination der Killerin und folgt ihr über Jahre hinweg und kreuz und quer durch die USA.

Die Reise durch ein unwirkliches Land, bei der der Fremde beinahe hilflos der cleveren Einheimischen folgt, entwickelt, wie es sich für eine Obsession gehört, keine klare Chronologie. Fixpunkte der Odyssee sind einzig die Städte, abgebildet als zeitlose Klischees – genau wie in den Schneekugeln, die den jeweiligen Ort der Handlung markieren: Von New York bleibt nur die Art-Deco-Atmosphäre, von San Francisco die steilen Straßen.

Mit seinen stilisierten Bildern bewegt sich der Australier Elliott nach Priscilla auf ernsterem Terrain. Traumhaft räsoniert er über Objektverlust und -bedürfnisse und klopft dabei das Thriller-Genre auf alles ab, was der Sache dienlich sein könnte. Über weite Strecken ist Eye of The Beholder tatsächlich ungewöhnliches Schauspielerkino: k.d. lang gibt uns in einer Nebenrolle die coolste Miss Moneypenny der Filmgeschichte. Langweilig wirds nur, wenn der Roadmovie-Raststätten-Psychopath noch einen Platz im Film finden muss. scho

„Eye of The Beholder“, morgen, 17.30 Uhr, CinemaxX 8

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