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Ich scheiß mich net an vorm Haider“

■  Bildhauer Alfred Hrdlicka hält nichts vom Wehgeschrei über den Rechtsruck in Österreich: Die Angstmacherei ist ein Trick der großen Parteien und FPÖ-Chef Jörg Haider Teil des Establishments. „Die Leut sind deppert, aber man muss sich nicht fürchten“

taz: Was passiert, wenn Haider jetzt an die Regierung kommt?

Alfred Hrdlicka: Davor fürcht i mi net. Ich halt von Angstparolen überhaupt nix. Der Haider kommt sowieso nicht an die Regierung.

Über kurz oder lang wird die FPÖ Anspruch auf die Regierungsbeteiligung anmelden.

Das ist die Sorge der Sozialisten, der FPÖ und der ÖVP. Das ist nicht meine Sorge. Ich zerbrech mir net für andere Leut den Kopf. Wichtig ist, dass ein linkes Lager entsteht. Ich scheiß mich net an vorm Haider.

Ein Rechtsruck ist aber deutlich.

Ehrlich g'sagt, ich kann mich net dauernd über die Rechte ärgern. Man muss sagen, dass sie alle abdriften in die Mitte. Die Rechten spielen die Mitte, und die Linken spielen auch Mitte. Des is a Unsinn. Ich bin dafür, auf Konfrontation zu gehen. Es hat gar keinen Sinn, sich ununterbrochen über den Haider den Kopf zu zerbrechen. Das soll sich der Klima oder Schüssel, aber ich net.

Als Künstler, als Ausländer, als Intellektueller muss man sich keine Sorgen machen?

Es ist nichts dagegen zu sagen, dass sich Leute Sorgen machen. Aber ich will nicht schlaflose Nächte haben, weil's den Haider gibt.

In Kärnten hatte es Proteste der Künstler gegeben. Elfriede Jelinek und Peter Turrini haben gesagt, Kärnten unter Landeshauptmann Haider muss man entweder boykottieren oder gleich auswandern.

Lächerlich. Was sollte Auswandern denn bringen. Die Leute sollen dableiben und was dagegen machen. Ich hab net die geringste Lust, auszuwandern nur weils den depperten Haider gibt. Man muss Widerstand machen und net auswandern. Ich versteh die Jelinek und den Turrini überhaupt nicht. Der Turrini sollte eigentlich Oberkandidat in Kärnten sein. Der ist ja ein Kärntner. Das muss jetzt ich machen. Den Turrini halt ich auch für einen Armleuchter. Die Leute reden alle großartig von Furcht und Angst und vom Weggehen müssen. Die Leute müssen dableiben. Ich hab in einer Zeit gelebt, da waren die kleinsten Funktionäre der Kommunistischen Partei mit dem Tod bedroht. Mein Vater auch. Was soll ich mir über den Herrn Haider den Kopf zerbrechen. Da müßt ich ja ein Angsthase sein.

Die Rückkehr totalitärer Zustände ist nicht zu fürchten?

Die gibt's net. Da werden wir schon dafür sorgen. Die Angstmacherei ist ja der Trick der großen etablierten Parteien.

Fast ein Drittel der Österreicher wählt rechts. Sind die alle deppert?

Ja, die sind deppert. Die Leut sind deppert, aber deswegen muss man sich nicht vor ihnen fürchten. Dass die Leute deppert sind ist eine Sache, aber selbst eine Gesinnung zu demonstrieren, halt ich für das Allerwichtigste.

Warum glauben Sie, sind so viele Leute so deppert?

Entschuldigen Sie, die Kommunisten werden systematisch ausgegrenzt seit Jahrzehnten, und die SPÖ ist nicht schuldlos dran. Das heißt, sie haben das, worüber sie sich jetzt aufregen, selber gezüchtet. Solche Leute wie den Haider. Ich spiel bei der Tour net mit. Ich sag, die Linken müssen sich ein Lager aufbauen. Und die FPÖ soll baden gehen. Das ist mein Standpunkt.

Ist die FPÖ so stark, weil die Leute so denken und jetzt einen haben, der für sie vordenkt?

Nein, der spielt ja nur Opposition, der Haider gehört doch genauso zu der Inzucht im Parlament. Die Inzucht im Parlament ist erstaunlich. Da sitzen sie alle vier Jahre wieder in der Milchbar, reden umeinander und wenn sie dann vorm TV sitzen, sind sie plötzlich Gegner. Das ist ja gar nicht wahr. In Wahrheit ist der Haider Liebkind im Parlament. Die KP gehört hinein und aus.

Die FPÖ gehört also zum politischen Establishment.

Na sicher. Die stellen sich nur deppert und tun so. Am Montag sitzen's wieder alle beinander, die ganze Inzüchtlerei, und sind eh wieder gut miteinand.

Sind die Medien Schuld, dass alle mittun?

Natürlich. Ich weiß noch, da hat's den Vranitzky noch gegeben, ich bin zu ihm ins Parlament gegangen und hab gesagt, Herr Bundeskanzler, ist die Kronen Zeitung eigentlich eine Nebenregierung in Österreich? Da hat er ein bissel verlegen herumg'schaut: „Na ja, vielleicht doch.“ Man darf die nicht zu stark werden lassen. Mich konnte die Kronen Zeitung net umbringen. Vor der fürcht ich mich überhaupt nicht. Weil ich mich net drum scheiß. Wenn die sagen, ich bin ein Stalinist, sag ich: „Und ihr seid's Nazi. Aus.“

Alfred Hrdlicka ist Kandidat der KPÖ für Kärnten. Die KPÖ hatte zuletzt 0,7% der Stimmen.

Interview: Ralf Leonhard

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