piwik no script img

Auto-Zone Neue Große Bergstraße

Der Altonaer Planungsausschuss hört das Volk zur Fußgängerzone an  ■ Von Gernot Knödler

Aus Sicht von Karl Reck ist es eigentlich schon zu spät. Während die Gutachter am Dienstag Abend vortragen, was eine teilweise Öffnung der Großen Bergstraße für Autos dem darniederliegenden Einkaufszentrum Altona bringen würde, ringt der Inhaber eines großen Zoogeschäfts verzweifelt die Hände. „Wenn ich nicht weggehe, gehe ich pleite“, sagt er. Mehr als zehn Jahre lang sei diskutiert worden, am Niedergang der Einkaufsmeile am Altonaer Bahnhof habe sich jedoch nichts geändert. Und jetzt werde weiter geredet.

Der Altonaer Stadtplanungsausschuss hatte die BürgerInnen ins Rathaus eingeladen, um deren Meinung zu den Vorschlägen der Gutachter von den Firmen gesa, Hoffmann-Leichter und Planwerk zu hören (taz hamburg vom 22. September). Deren Lieblingsidee: Durch die breite Fußgängerzone soll eine schmale Straße gebaut werden, auf der in einer Richtung Busse, Taxen und Radler fahren, in der anderen Autos. Der Goetheplatz erhält neue Kanten, das Frappant-Kaufhaus wird umgebaut und mit einem Verbrauchermarkt, einem Modekaufhaus, sowie Fachmärkten für Unterhaltungselektronik und Sport belegt.

Die großen Geschäfte sollen als Magneten Kunden aus einem grö-ßeren Umkreis in die Große Bergstraße locken. Denn die Viertel in der unmittelbaren nördlichen und nordwestlichen Nachbarschaft sind zu arm, um viel Umsatz zu bringen. Außerdem kommen bisher weniger KundInnen mit dem Auto als anderswo. Beides zusammen könnte den Jahresumsatz des Einkaufszentrums von 250 auf 290 Millionen Mark im Jahr steigen lassen, schätzen die Gutachter. Ohne die Öffnung für Autos sei mit einem Umsatzrückgang von 15 bis 20 Prozent zu rechnen. Andere Lösungen hatten die Gutachter nach dem Willen von SPD und CDU im Bezirksparlament allerdings erst gar nicht prüfen sollen. Die Investoren, die das Frappant umbauen und mit den Magneten bestücken würden, verlangen nach Angaben von Bezirksamtsleiter Uwe Hornauer gleichfalls bessere Zufahrtsmöglichkeiten für Autos.

Das Publikum spaltete sich grob entlang der Scheidelinie: Geschäftsleute für Autos – Privatleute für die Fußgängerzone. Karl Reck zum Beispiel erklärte die Öffnung zur einzigen Chance, das „Niveau“ der Einkaufsmeile zu heben. „Wir brauchen Leute, die mit dem Auto kommen“, sagte auch der Einzelhändler Gerhard Schröder. AutofahrerInnen brächten mehr Geld, sie könnten Sachen transportieren und würden durch die Möglichkeit, mal eben halten zu können in die Bergstraße gelockt.

„Wir als Anwohner wollen keine Autos haben“, verkündete dagegen Sabine Hengstler aus der Chemnitzstraße. Auch die von den Gutachtern vorgeschlagenen neuen Parkplätze in der Bergstraße seien überflüssig. Davon gebe es im Viertel bereits genug. Man müsse zudem die Nachteile bedenken, die den FußgängerInnen durch die ganzen Autos entstünden, sagte die Anwohnerin Elfried Prange. Wären die Auffahrten zum vorhandenen Parkhaus für das Frappant besser zu erkennen, würden vielleicht heute schon mehr Autofahrer zum Einkaufen kommen, fügte sie hinzu. Die Anfahrtsmöglichkeiten für Autos seien nicht das entscheidende Problem, meinte auch Uwe Müller. „Die Leute kommen nicht, weil sie keinen Anziehungspunkt haben.“ Dazu müsse die Straße sauber sein.

Während sich SPD und CDU für eine näher zu bestimmende Öffnung aussprachen, steht diese für die GAL „an allerletzter Stelle“ und kommt für den Regenbogen gar nicht in Frage. „Ein absoluter Fantast sind Sie!“, musste sich der Regenbögler Olaf Wuttke dafür von dem erregten Zoohändler Reck vorwerfen lassen. Der Planungsausschuss wird das Problem in öffentlichen Sitzungen weiterdiskutieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen