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Richter murren konstruktiv

■  Viele Robenträger halten die Reformpläne von Justizministerin Däubler-Gmelin für unnötig. Der Richterbund-Vorsitzende Rainer Voss wirbt für „konstruktive Kritik“

Karlsruhe (taz) – Die von Justizministerin Herta Däubler-Gmelin geplante Justizreform traf beim Deutschen Richtertag in Karlsruhe, der gestern endete, auf Gegenwind. Däubler-Gmelin will im Zivilprozess die unteren Instanzen stärken und den Instanzenweg insgesamt neu ordnen. In Zivilprozessen geht es unter anderem um Schadensersatz, Mietstreitigkeiten und familienrechtliche Konflikte.

Ein Großteil der rund 700 Richter in Karlsruhe war vom Reformbedarf nicht überzeugt. „Mehr als 80 Prozent der amtsgerichtlichen Urteile erfolgen innerhalb von vier Monaten“, betonte etwa Gero Debusmann, der Präsident des Oberlandesgerichts in Hamm, „da kann wohl niemand davon sprechen, dass die Justiz zu langsam sei.“ Justizstaatsekretär Hansjörg Geiger verteidigte dagegen die Reformpläne: „Wir wollen nicht nur schnelle Urteile, vielmehr sollen so viele Prozesse wie möglich bereits in der ersten Instanz erledigt werden.“ Deshalb sollen Amts- und Landgerichte personell verstärkt werden. An den Oberlandesgerichten als Berufungsinstanz soll nur noch eine Fehlerkontrolle stattfinden.

Unterstützung erhielt er von Karlmann Geis, dem Präsidenten des Bundesgerichtshofs (BGH). „Das Konzept der Justizministerin ist schlüssig. Die Richterschaft sollte sich der Diskussion nicht verweigern.“ Während fast die Hälfte aller Amtsgerichtsurteile nicht überprüft werden könne, sei der BGH „zu 99 Prozent“ mit Fällen beschäftigt, die allein wegen des hohen Streitwerts nach Karlsruhe gelangten.

Auch Rainer Voss, der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes (DRB), warb in Karlsruhe für eine „konstruktive Kritik“ an der Reform. Die Gremien des DRB wollen Anfang der nächsten Woche ihre Position bekanntgeben, Ministerin Däubler-Gmelin hat für Ende des Jahres einen Referentenentwurf zur Reform des Zivilprozesses angekündigt.

Christian Rath

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