Kindermöbel, die mit ihren Benutzern größer werden, stehen seit Jahren hoch im Kurs – nicht zuletzt aus ergonomischen Gründen  ■ Von Jochen Brandt

Für 699 Mark gibt's im Möbelhaus Ecklebe ein komplettes Kinderzimmer. Bestehend aus vier Elementen, wie es sich gehört: Bett, Schrank, Schreibtisch und noch ein Bücherregal. Innen Spanplatte, außen Furnier. Hamburgs Kinder und Jugendliche, rund 174.000 zählte das Statistische Landesamt Ende vergangenen Jahres, wollen wohnen. Ihre Eltern haben verschieden große Geldbeutel, und auch die Ansprüche an die Einrichtung gehen weit auseinander. Die Möbelanbieter haben sich schon lange darauf eingestellt.

„699 Mark – das ist natürlich die billige Variante“, gesteht Steffen Bunk, Marktleiter bei Ecklebe in Harburg. Die Kundenwünsche hätten sich in den vergangenen Jahren stark polarisiert. „Entweder die Leute wollen etwas ganz Günstiges, oder sie legen viel Wert auf Qualität. Und die kostet natürlich auch gleich ein bisschen mehr.“

Hoch im Kurs stehen seit Jahren Möbel, die mit ihren Benutzern größer werden. „Auf Betten trifft das natürlich nicht zu. Die meisten sind ohnehin gleich zwei Meter lang“, sagt Heinrich Steinkamp. Er setzt in seinem Wohnstudio ausschließlich auf Qualität. „Wir haben größenverstellbare Schreibtische und Stühle. Die Möbel wachsen einfach mit.“

Das hat zwei Vorteile: Zum einen muss nicht sofort ein neuer Schreibtische her, wenn Filius und Filia den nächsten Wachstumsschub erleben. Zum anderen sind die verstellbaren Möbel auch aus ergonomischen Gründen sinnvoll. „Kinder bewegen sich heute viel weniger als früher“, urteilt Möbelverkäufer Steinkamp. „Das biss-chen Radfahren und Treppensteigen reicht als Training nicht aus, die Muskeln vieler Kinder sind für eine vernünftige Stützfunktion zu schwach.“ Schräggestellte Tischoberflächen in der passenden Höhe und bewegliche Stühle sollen die Schwächen auffangen.

Steinkamp ist von dem Nutzen der ergonomisch geformten Möbel für Kinder überzeugt: „Die Grundlagen für Rückenschäden werden in den ersten drei Schuljahren gelegt. Mit den richtigen Möbeln kann man dem entgegenwirken.“ Volker Timm stimmt seinem Kollegen zu. Timms Laden ergo hat sich auf körpergerechte Möbel spezialisiert. „Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang“, erklärt er. „Wenn sie in die Schule kommen, wird der unterbunden. Plötzlich ist Stillsitzen angesagt.“ Vor allem Stühle, die sich in alle Richtungen bewegen, sollen späteren Haltungs-schäden vorbeugen.

Qualität hat ihren Preis, und manch einer mag angesichts der Kosten für ein Kinderzimmer anfangen zu schlucken. Gerade deshalb versuchen viele Hersteller, ihre Prokukte so langlebig wie möglich zu machen. „Das sind alles Markenprodukte“, klopft Ecklebe-Chef Bunk auf die Platte eines verstellbaren Schreibtisches. „Das hält ewig.“ Das Design der Möbel ist in der Regel schlicht. Viel Holz und ein wenig mattes Metall. „Die Sachen müssen Gültigkeit bewahren“, erklärt Steinkamp. „Die Leute wollen auch in zehn oder 15 Jahren noch etwas davon haben.“

„Ein Schreibtisch – vom ersten Schultag bis zum Abitur“, wirbt eine Firma für ihre Möbel. „Den Kinder werden die Sachen nicht langweilig“, meint Steinkamp. „Bis zum ersten Freund oder bis zur ersten Freundin ist denen die Einrichtung doch völlig Wurst“, spricht der Familienvater aus Erfahrung. „Mädchen fangen vielleicht ein bisschen eher an zu dekorieren“, vermutet der Möbelverkäufer. Doch drastische Geschlechtsunterschiede bei der Einrichtung gebe es nicht mehr. Bunk hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Zimmer nur für Mädchen oder Jungen verkaufen wir gar nicht mehr.“

Über eine andere Entwicklung ist der Verkaufsleiter besonders froh: Vor ein paar Jahren sei Anthrazit bei den Kleinen total angesagt gewesen. „Doch die Zeit der tiefschwarzen Kindergruften ist endlich vorbei.“