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Schwarze Schafe unter schwarzen Sheriffs? S-Bahn-Wache Securitas wirft die beiden geständigen „Oz“-Schläger raus Von Kai von Appen

Das Sicherheitsunternehmen Securitas hat eine Woche nach der Misshandlung des stadtbekannten Sprayers „Oz“ alias Walter F. (49) durch zwei seiner Schwarzen Sheriffs Konsequenzen gezogen. „Wir werden uns von unseren beiden Mitarbeitern trennen“, erklärten gestern die beiden Hamburg-Geschäftsführer Edgar Techow und Jens Müller mit zerknirschten Mienen auf einer Pressekonferenz. „Es ist nicht zumutbar, die Leute wieder auf die Strecke zu lassen.“

Noch Anfang der Woche – nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die beiden 26- und 28jährigen Männer der „S-Bahn-Wache“ – hatte das Unternehmen abgestritten, dass Mitarbeiter zu dem Zeitpunkt überhaupt am Tatort gewesen waren. Den beiden Schwarzen Sheriffs war von „Oz“ vorgeworfen worden, ihn am Freitagabend im Bahnhof Holstenstraße in einem Diensthäuschen mit Knüppeln geschlagen und zu „Sieg Heil“-Rufen gezwungen zu haben. Diesen Vorgang hatten Augenzeugen bestätigt, der Bundesgrenzschutz nahm daraufhin die Ermittlungen auf. „Auf der Basis von Falschaussagen der beschuldigten Mitarbeiter kam es zu dieser Stellungnahme unseres Hauses,“ entschuldigte sich Techow gestern.

Dabei hätte das Unternehmen bei einer Überprüfung des eigenen Sprechfunkverkehrs die Lüge schnell erkennen können. Denn zwischen der Abmeldung der beiden Männer in Altona und der erneuten Rufbereitschaft klaffte eine erhebliche zeitliche Lücke. Erst als Abfertigungsvideos der S-Bahn die beiden Schläger überführten, korrigierten sie laut Techow ihre Aussagen. Sie hätten nunmehr „eine Tatbeteiligung als im Grunde richtig bezeichnet“. Warum es zu dem Übergriff kam, können sich Techow und Müller nicht erklären: „Wir haben keine Erklärung bekommen.“ Die beiden Mitarbeiter hätten nur angegeben, „Oz“ nicht geschlagen zu haben.

Obwohl der Komplex „Oz“ kein Einzelfall ist und Übergriffe durch S-Bahn- und U-Bahn-Wachleute vor allem gegenüber Obdachlosen oder Junkies sich häufen, halten die Securitas-Bosse den Fall für eine „Ausnahme“. Ihre Mitarbeiter absolvierten eine viermonatige Ausbildung, hätten 100 Stunden pro Jahr Fortbildung und bekämen eine psychologische Ausbildung zur „Streßbewältigung“ – zumindest auf den Papier. Denn wie oft Securitas-Mitarbeiter in Gewalttätigkeiten verwickelt sind, konnten oder wollten die beiden Geschäftsführer nicht sagen: „Wir führen darüber keine Statistik.“

Die Gewerkschaft ÖTV forderte gestern grundsätzlich eine dreijährige Ausbildung zur Sicherheitsfachkraft, sonst seien solche Vorfälle „wegen Überforderung weiter programmiert“.

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