:
Der homosexuelle Mann ... ■ Von Elmar Kraushaar
... wie sieht der eigentlich aus? Wie ich? Nein, ich sehe definitiv nicht schwul aus! Wie du? Nicht wirklich. Anders halt, richtig anders. Schau nur mal auf die Titelseiten zur Faschingszeit, dem unvermeidlichen CSD. Da sind die Blätter voll von Homos mit nackten Ärschen, hohen Absätzen, schäbigen Perücken und einer ausgefransten Boa obenrum. So sehen die aus! Na schönen Dank!
Eine gern gesehene Variante dazu war unlängst auf dem Titel dieser Zeitung: Elf nackte Feuerwehrmännerärsche, britische, und darüber die Headline „Auch Schwule dürfen ans Gewehr.“ Wie bitte? Warum werden PKK-Aufmacher nie mit schwedischen Hausfrauen illustriert? Oder eine Schröder-Story mit dem Röntgenbild einer Staublungenerkrankung? Da fehlt die Fantasie. Wie bei den Schwulenbildern. Immer nur Ärsche, nackt, von hinten. Und fertig ist das Mondgesicht!
Doch es ist noch nicht zu spät, eine Alternative bahnt sich an: der Homosexuelle im Duett. Daran soll man sie künftig erkennen, zwei Männer händchenhaltend, zwei Männer küssend, zwei Männer an einem Herd. Wie unlängst in dem „Tatort“, dem aus München. Da war der Kommissar in einer Schwulenbar. Und woran erkannten wir, wo er war? Zwei Männer steckten sich ihre Zungen tief und ausgiebig in die Rachen. Mehr muss man nicht sagen.
Die Homo-Ehe, die als dreifach verwässerte Kompromissvariante so sicher kommt, wie Michael Jackson beim Anblick von Kinderschokolade, wird auch das neugewonnene Paarbild zementieren. Denn alle sind für die Homo-Ehe, alle. Na ja, außer Dyba und Rüttgers und noch ein paar andere. Aber die übrigen, alle dafür. Ganz klar! Die Zeit, das Zentralorgan für jeden Liberalen, hatte es letztens gar auf der Seite 1: „Andere Liebe, gleiches Recht“, denn: „Auch gleichgeschlechtliche Partner möchten stabile Lebensverhältnisse, der Ehe so ähnlich, wie es geht!“ Naturidentisch quasi. Nicht genau so, nicht richtig gleich, aber fast, fast, fast. Ganz herzlichen Dank! Wir dürfen uns freuen.
Das meint auch der intellektuelle Rechtsausleger des Berliner Tagesspiegel, Bernd Ulrich. „Wie gleich sollen homosexuelle Partnerschaften sein?“, fragt er ganz offen. Und nachdem er es aufrichtig bedauert, dass Homosexuelle in Großstädten „auf fast schon unerotische Weise normal“ seien, gibt er selbst Antwort: So manche Forderung gehe – „bei allem Respekt vor den Wünschen der Homosexuellen“ – zu weit. Beispiel Ehegattensplitting: Homosexuelle hier einzubeziehen hieße, „ die Ungleichheit zwischen Eltern und Kinderlosen“ zu verschärfen. Alles klar? Dann noch ein Beispiel: „Es gibt beim Erbrecht zwischen homosexuellen Männern ein bisher kaum diskutiertes Problem: Dieses Vermögen sieht – in aller Regel – nie wieder ein Kind, es wird weitervererbt von Mann zu Mann, von Erwachsenem zu Erwachsenem.“ Das war doch einleuchtend??!! Und ein prima Beispiel dafür, wie einer auf verschroben intellektuellem Niveau seine gesammelten Vorurteile gegen das schwule Pack nur mühsam im Zaume hält. Im Blick auf das Wohl der Kinder hält Ulrich am Schluss noch ein versöhnliches Schmankerl bereit: „Ganz ohne Kinder gibt es langfristig keine Erwachsenen, auch keine Homosexuellen.“ Von nichts kommt nichts!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen