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SPD und CDU spielen Reise nach Jerusalem

■ Bei den möglichen Koalitionären beginnt Kampf um die besten Posten im neuen, 8-köpfigen Senat. Sicher ist, dass Diepgen Regierender und Werthebach Innensenator wird

Als gestern noch einmal der alte Senat zusammentrat, waren die Damen und Herren mit den Gedanken schon woanders. Die Sitzung dauerte nur 50 Minuten. Denn die Akteure interressiert jetzt nur noch eine Frage: Wer schafft es in den neuen, auf 8 Posten verkleinerten Senat? Der scheidende KultursenatorPeter Radunski (CDU) versichert: „Es ist alles noch völlig unklar.“ Andere Unionspolitiker erklärten unisono, schließlich müsse sich erst die SPD für eine Fortsetzung der Großen Koalition entscheiden.

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) konnte gestern über die „Kaffeesatzleserei“ der anderen gut spotten. Dass er seinen Posten behält, ist so gut wie sicher. Auffallend gut gelaunt war auch Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner. Er wird bereits für größere Ressorts gehandelt, gibt sich aber dennoch bescheiden: „Wirtschaft ist klein. Das passt für mich.“

Würde gleichzeitig das Kulturressort mit der Abgeordneten Monika Grütters (37) besetzt, hätte die Union ihre Senatorenriege zwar verjüngt, dem rechten Parteiflügel aber vor den Kopf gestoßen. Dort macht sich der Zehlendorfer Bildungsstadtrat Stefan Schlede (59) Hoffnungen auf das Amt des Schulsenators. „Völlig unabhängig von Personen“ beanspruchte er das „Zukunftsressort Bildung“ gestern vorsorglich schon einmal für die CDU. Denn die SPD habe in der vergangenen Wahlperiode ihre Chance nicht genutzt“. Für die Parteirechte hätte eine Berufung Schledes gleich zwei Vorteile. Sie hätte einen der Ihren in den Senat gehievt und womöglich Grütters als Kultursenatorin verhindert. Als wahrscheinlich gilt, dass die SPD das Schulressort nur im Tausch gegen die Kultur hergeben wird. Nicht aus dem Rennen ist bei der Union auch Bausenator Jürgen Klemann. Möglich ist auch, dass Parteichef Eberhard Diepgen neue Köpfe aus der Bundespolitik aktiviert.

Trotz des klaren Wahlsieges hängt für die CDU vieles davon ab, wie der Machtkampf innerhalb der SPD ausgeht. Wenn sich die Partei trotz aller Warnungen entschließt, ihren glücklosen Spitzenkandidaten Walter Momper als Wirtschaftssenator zu entsorgen, wäre das Ressort für die CDU blockiert. Gelingt dagegen SPD-Fraktionschef Klaus Böger der Sprung auf die Regierungsbank, würde der Lehrer wohl das Schulressort haben wollen. Den Parteichef Peter Strieder drängt es in das neue Großressort Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr. Nicht sicher ist Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing ihr Amt. Die SPD könnte die Finanzen abgeben, um sich beim Sparen nicht länger die Hände schmutzig zu machen.

Alle Wünsche des auseinanderdriftenden SPD-Viergespanns lassen sich nicht befriedigen. Zwar ist es möglich, dass die CDU erneut die Hälfte der Senatsposten an den Koalitionspartner abtritt. In diesem Fall aber wird sich die SPD wohl mit weniger wichtigen Ressorts bescheiden müssen. Die Justiz käme dann in Betracht, und für Gesundheit und Soziales ist schon Kreuzbergs Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer im Gespräch. Auch Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler hat gute Chancen, im Senat zu bleiben, weil sonst niemand aus dem Osten für die SPD im Senat säße. Die CDU meint dagegen: 10 Jahre nach der Einheit sei eine Ost-Quote nicht mehr vonnöten.

Ralph Bollmann

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