Kommentar
: Hasenfüßig

■ Genossen haben Angst vor dem eigenen Sparkurs

Die SPD sehnt sich nach einem Befreiungsschlag. Alles wird gut, wenn wir nur das Finanzressort loswerden, denkt sich mancher Genosse. Die Sozialdemokraten sind es leid, immer nur für die schlechten Nachrichten zuständig zu sein. Da erscheint es am einfachsten, diese undankbare Rolle dem Koalitionspartner CDU zuzuschanzen. Ohne das Finanzressort könnte sich die SPD wieder als Partei der sozialen Gerechtigkeit profilieren, so die Hoffung.

Doch solcherlei Erwägungen offenbaren einen beispiellosen Grad an Verzagheit und Hasenfüßigkeit. Die SPD traut sich offenbar nicht zu, ihren Kurs der Haushaltskonsolidierung künftig besser zu vermitteln. SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing ist es in den letzten vier Jahren nicht gelungen, ihren Sparkurs mit sozialdemokratischen Zielen zu verknüpfen. Das ist ein unbestreitbares Manko. Das Vertrauen der Sozialdemokraten, dass dies in Zukunft besser gelingen könne, scheint gegen null zu tendieren. Dabei hat Bundesfinanzminister Hans Eichel auf Bundesebene vorgemacht, dass trotz Sparkurs eine sozialdemokratische Handschrift erkennbar bleiben kann. Noch ist offen, ob sich in der SPD die Kräfte durchsetzen, die lieber die Flucht aus der Verantwortung antreten, als den unbequemen Weg des Schuldenabbaus weiterzugehen. Doch ein solcher Schritt hätte fatale Folgen. Für die Stadt, weil die CDU den einfachen Weg der höheren Nettoneuverschuldung gehen würde. Ein solcher finanzpolitischer Kurswechsel wäre verantwortungslos. Aber auch die SPD müsste einen hohen Preis zahlen: Wenn sie ihre erfolgreichste Senatorin abserviert, wäre dies nichts anderes als das Eingeständnis, dass der SPD-Sparkurs falsch war.

Auch bundespolitisch hätte ein solches Signal eine katastrophale Wirkung. Der finanzpolitische Kurs der Bundesregierung würde damit unweigerlich in Frage gestellt. Im Klartext hieße das: Lafontaine hat recht, wenn er die Serie der Wahlniederlagen dem Eichel-Kurs anlastet. Die Berliner Genossen, die sich in ihrem Wahlkampf voll hinter Eichel gestellt hatten, müssten eine Kehrtwende um 180 Grad vollziehen. Die SPD hätte das nächste Vermittlungsproblem. Dorothee Winden