: Mehr Rückenwind für sauberen Strom
Eine weitreichende Novelle des Stromeinspeisungsgesetzes soll Biogas, Erdwärme und Solarstrom stärker fördern und Windkraft-Betreibern die dringend notwendige Planungssicherheit geben ■ Von Bernward Janzing
Berlin (taz) – Eine Erfolgsgeschichte steht vor ihrem zweiten Akt: Das seit 1991 gültige Stromeinspeisungsgesetz soll noch in diesem Jahr novelliert werden. Die Überarbeitung des weltweit erfolgreichsten Programms zur Markteinführung regenerativer Energien soll speziell dem Solarstrom und der Bioenergie den Weg zum Massenmarkt ebnen und zudem erstmals auch die Erdwärme berücksichtigen.
„Wir möchten auf dem Markt der Biogas- und Biomassenutzung eine ähnliche Dynamik schaffen, wie sie die Windkraft seit Anfang der Neunzigerjahre erlebt“, sagte Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der Grünen, in diesen Tagen vor Vertretern der deutschen Ökostrom-Wirtschaft in Berlin. Dies werde mit geringen Mitteln möglich sein: Geplant ist eine um etwa zwei Pfennig je Kilowattstunde erhöhte Einspeisevergütung für Biomasse-Strom.
Neben landwirtschaftlichen Biogasanlagen, für die es in Deutschland ein riesiges Ausbaupotenzial gibt, fallen auch Biomasse-Kraftwerke – zum Beispiel mit Holzfeuerung – unter diese Förderung. Als wahrscheinlich gilt, dass die bislang bestehende Leistungsobergrenze von fünf Megawatt ersatzlos gestrichen wird.
Auch für Solarenergie ist eine deutliche Verbesserung im Gespräch, die das 100.000-Dächer-Programm ergänzen soll. Umweltverbände fordern eine Vergütung für Solarstrom von etwa einer Mark, womit bei gleichzeitiger Nutzung der bestehenden Investitionszuschüsse ein wirtschaftlicher Betrieb von Solarstromanlagen möglich würde. Nach dem aktuellen Diskussionsstand ist auch für diesen Vorschlag eine Mehrheit im Bundestag realistisch. Gegenargumente gibt es kaum: Selbst bei der Installation von 300 Megawatt, wie sie das 100.000-Dächer-Programm bis 2004 vorsieht, wird es nur einen Aufschlag auf den Strompreis von gerade 0,04 Pfennig je Kilowattstunde geben, wenn die Stromversorger die erhöhte Vergütung auf ihre Kunden umlegen.
Ein weiterer Eckpunkt des neuen Gesetzes: Die Vergütung für eingespeisten Ökostrom soll abgekoppelt werden vom Preisverfall auf dem liberalisierten Strommarkt. Bisher wird Windkraft zu einem Tarif vergütet, der 90 Prozent des mittleren Strompreises entspricht. Künftig soll es Festbeträge geben. Nur so erhalten die Anlagenbetreiber die notwendige Planungssicherheit.
Neu wird auch sein, dass die Vergütung für Windstrom je nach Standort differenziert wird. An windreichen Orten soll es geringere Beträge geben, an Orten im Binnenland höhere. Zwischen 13 und 19 Pfennig soll die Vergütung künftig liegen. Zum Vergleich: Haushalte bezahlten im vergangenen Jahr durchschnittlich 24,84 Pfennig je Kilowattstunde an ihren Stromversorger.
Die garantierten Einspeisevergütungen für Ökostrom sollen keine Dauersubventionen sein, sondern allein eine Anschubfinanzierung, wie sie auch die nicht regenerativen Energien erhielten. Nachdem in den vergangenen Jahren die Erzeugung des Windstroms bereits um 50 Prozent billiger wurde, sieht der Bundesverband Windenergie durch den expandierenden Markt noch weitere Potenziale zur Preissenkung.
Hermann Scheer, Träger des Alternativen Nobelpreises und Präsident der europäischen Sonnenenergievereinigung Eurosolar, hofft nun, die notwendige Novelle des Einspeisungsgesetzes einstimmig durch den Bundestag zu bringen. Dies wäre ein deutliches Signal für die erneuerbaren Energien, nachdem schon die erste Fassung des Gesetzes im Herbst 1990 mit den Stimmen aller Bundestagsfraktionen verabschiedet wurde. Inzwischen gibt es auch schon Erklärungen von Vertretern der Opposition, die sich wieder für die regenerativen Energien stark machen wollen. Schließlich kann an einer Blockade niemandem gelegen sein – aus ökologischen wie aus ökonomischen Gründen. Denn allein die Windkraft-Industrie hat in den vergangenen acht Jahren 20.000 Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Zwei Milliarden Mark setzt die Branche in diesem Jahr um. Und nachdem deutsche Hersteller im eigenen Land viel Erfahrung sammeln konnten und auf dem Weltmarkt einen exzellenten Ruf genießen, steigt der Exportanteil stetig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen