Egidius Braun beleidigt und betrügt“

■ Uefa wird nach der Vergabe der Europameisterschaft 2004 an Portugal bös beschimpft

Aachen (taz) - Fußballfunktionär müsste man sein. Man wird von Uefa-Vize und DFB-Chef Egidius Braun in dessen Heimatstadt Aachen eingeladen, logiert im protzig-prachtvoll renovierten Quellenhof („Das Adlon des Westens“) und geht erst mal zum „Uefa Lunch“. Dort sitzt man, wie der Uefa-Oberste Lennart Johannsson und diverse andere dunkel gekleidete Herren, bei Maispoularde in Rotweinjus und Variationen von Lachs an Heilbutt zu Tisch und belacht ausdauernd Braunsche Bonmots. Entweder es waren Kartoffelhändlerwitze an Majojus. Oder man delektierte sich an den delikaten Zusammenhängen zwischen der deutschen Bewerbung für die WM 2006 und dem vehementen Engagement des Universalfunktionärs Franz Beckenbauer ausgerechnet für Portugal.

Die Stimmung war blendend, vielleicht auch, weil mancher der Herren längst Aktienpakete portugiesischer Baufirmen ins Privatdepot geschaufelt hatte. Denn unmittelbar nach der nachmittäglichen Entscheidung für den krassen Außenseiter Portugal als Gastgeber der EM 2004 schnellten deren Papiere um fünf Prozent in die Höhe. Mindestens 700 Millionen Mark müssen verbuddelt werden in einem Land, das bislang noch kein einziges brauchbares EM-Stadion hat. Der Zuschlag firmiert jetzt unter „Entwicklungshilfe“.

Allgemein war ein ostpolitisch motiviertes Votum für das Donau-Duo Österreich/Ungarn („Two Countries. One Goal“) erwartet worden. Gladbachs Toni Polster, als Ösi-Maskottchen in Aachen zugegen, glaubte, die jüngsten Wahlerfolge des Rechtsextremisten Haider „haben bestimmt den Ausschlag gegeben“. Immerhin blieb Otto von Habsburgs Weltbild unerschüttert. Berühmte Frage an ihn: „Haben Sie gestern Fußball gesehen: Österreich – Ungarn?“ Antwort: „Nein, gegen wen haben wir gespielt?“

Der zweite Mitbewerber Spanien wurde dafür bestraft, dass man das Terrain rund um den Tagungsort kurzfristig mit zahllosen hässlichen Plastikfähnchen in Landesfarben verunstaltet hatte. Spaniens Verbandschef schäumte hernach: „Brauns Begründungen sind unerträglich. Zu behaupten, Portugal habe bessere Stadien, bessere Verkehrsmöglichkeiten und Infrastruktur, ist eine Beleidigung für Spanien. Er sollte die Leute nicht betrügen.“ Die spanische Presse argwöhnte Kungeleien wegen der deutschen WM-Bewerbung und hofft nun auf Rache durch die hispanische Macht in der Fifa. Braun verwies derweil auf seinen „neutralen Charakter“. Das genaue Abstimmungsergebnis blieb geheim, Braun verweigerte jede Aussage.

Gestern wurden als sportliches Uefa-Dessert die Entscheidungsspiele für die EM 2000 ausgelost: Schottland – England; Israel – Dänemark; Irland – Türkei; Slowenien – Ukraine. Politische oder ökonomische Gründe für das Losergebnis sind nicht bekannt. Gespielt wird am 13./14. und 17. November. Bernd Müllender