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Im Ernstfall keine Hilfe

■ Katastrophenschutzübung zu Krümmel: 1,2 Millionen würden evakuiert

Im Ernstfall gibt es keine Hilfe: „Den Gau zu üben, ist zwecklos“, bestätigt Wolfgang Prill, Staatsrat der Hamburger Innenbehörde, ges-tern in der Fragestunde der Bürgerschaft. Der Abgeordnete der Regenbogen-Gruppe Lutz Jobs hatte nach Sinn und Zweck der Katastrophenschutzübung „Krümmel 99" am 6. November gefragt. Dabei wollen die Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern die Folgen einer Kernschmelze im Atomkraftwerk bei Geesthacht simulieren (taz berichtete am 9. und 10. Oktober).

„Dreh- und Angelpunkt“ der Übung sei die Zusammenarbeit der vier Länder und der Krisenstäbe, von Polizei, Feuerwehren, technischen Hilfsdiensten und Medizinern, erläuterte der Innen-Staatsrat in seiner Antwort auf die Anfrage. Bei dem Szenario eines „ernsten Unfalls mit Schäden am Reaktorkern“ werde von radioaktiven Freisetzungen in einem Radius von 10 Kilometern um Krümmel ausgegangen. Dies beinhalte die Evakuierung von viertausend bis sechstausend Menschen – als Planspiel am Grünen Tisch.

Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) bestätigte auf Nachfrage von Jobs Details aus einer Studie des Öko-Instituts Darmstadt, welche die taz-hamburg veröffentlicht hatte. Eine Kernschmelze in Krümmel wie im Übungsszenario hätte „ganz dramatische Auswirkungen“ auf Hamburg. Rund 1,2 Millionen Menschen müssten evakuiert werden, 45.000 bis 106.000 Menschen würden sofort oder später unheilbar an Krebs erkranken. 410 Quadratkilometer, ungefähr die Hälfe des Hamburger Stadtgebiets, würden für mindestens fünfzig Jahre verstrahlt und damit unbewohnbar bleiben.

Zugleich wies Porschke darauf hin, dass die Studie des Öko-Instituts einen Atomunfall an einem trockenen Tag unterstelle. Würde aber Regen die radioaktiven Wolken über der Stadt auswaschen, wären die Folgen für Hamburgs Bevölkerung „noch ungleich gravierender“.

„Wegen diese Szenarios und wegen der geschilderten Auswirkungen“, setzte Porschke seinen Ausführungen hinzu, „ist der Senat der Auffassung, dass die Nutzung der Atomenergie beendet werden muss.“ Sven-Michael Veit

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