Gewoba-Chef sauer über Gutachteritis

■ Im Frühjahr hatte der Co-Geschäftsführer der Gewoba, Klaus Stadler, noch beim Wettbewerb über die Zukunft der Hafenreviere mitgemacht. Jetzt schimpft er über den Planerstab des Senats

Klaus Stadler ist sauer. Das heißt, für seine Verhältnisse ist der Co-Geschäftsführer der Gewoba sogar stinksauer: Die Diskussion über die Zukunft der alten Hafenreviere rechts der Weser werde langsam eklig, sagt der Mann, der sonst freundlich und bedächtig spricht. Über das Vorgehen der so genannten operativen Ebene, die dem Senat bis Februar oder März ein Konzept für die Entwicklung des Areals vorlegen soll, kann er nur den Kopf schütteln: Überflüssige Gutachten würden da in Auftrag gegeben, außerdem werde in der Diskussion nach wie vor einfach gelogen.

Auf den ersten Blick geht es in der Debatte um die schlichte Glaubensfrage, ob Wohnen und Industrie nebeneinander existieren können. Auf den zweiten Blick geht es darum, ob die in der Nachkriegszeit vorgenommene strikte Abtrennung der Häfen wieder aufgehoben wird und die zum Teil verwaisten Flächen wieder Ort von Stadtentwicklung werden. Die Ex-Baustaatsrätin Ulla Luther war vehement dafür eingetreten. Sie stand damit ziemlich allein in der großen Koalition und hat unter anderem deshalb Bremen den Rücken gekehrt.

Auch Stadler ist kurz davor, sich mit dieser Bremer Debatte nicht mehr zu beschäftigen. Als Partner einer Bietergemeinschaft hatte die Gewoba im Frühjahr an einem Wettbewerb zur Umgestaltung des Areals zwischen Stephanibrücke und dem riesigen alten Kornspeicher in Gröpelingen teilgenommen. Die aus renommierten Baufirmen, Stadtplanungs- und Architekturbüros rekrutierten Bietergemeinschaften hatten Konzepte vorgelegt, wie die Hafenflächen, die fünfmal größer als die Altstadt sind, mit einer Mischnutzung aus Industrie, Dienstleistung, Kultur und Wohnen entwickelt werden können. Damit, dass der Senat den Großmarkt einfach mitten auf das Gelände verlagern will, hatten sich die Bieter abgefunden. Aber nicht damit, dass ihre Vorschläge einfach so abgebügelt werden.

„Wenn ich mir anhören muss, dass das Gebiet rund herum durch Gewerbe von den Wohngebieten abgeriegelt wird, ist das eine glatte Lüge“, sagt Stadler. Jemand aus der „operativen Ebene“ habe das am Dienstag bei einer Diskussion über die Zukunft der Häfen wieder einmal behauptet, sagt Stadler weiter. Diese operative Ebene ist ein Stab von Beamten aus den Ressorts für Bau und Wirtschaft/Häfen, der – immerhin – unter der Leitung eines auswärtigen Beraters des Prognos-Instituts die Fakten für eine Entscheidung sammeln soll. Während andere KennerInnen des Problems „Alte Häfen“ begrüßen, dass die beteiligten Behörden jetzt gemeinschaftlich am Thema arbeiten, kritisiert Stadler die damit verbundene Gutachteritis: „Zehn Gutachten sind jetzt in Auftrag gegeben, davon eins zum Thema Wohnungsbedarf“, weiß der Gewoba-Mann. Doch: „Damit sind die selben Gutachter beauftragt, die vor fünf Jahren einen Bedarf von 20.000 Wohnungen und vor zwei Jahren einen Bedarf von 10.000 Wohnungen ermittelt haben. Ich kann vorhersagen, was jetzt herauskommt.“ Klartext: Null Bedarf für den Hafen.

Doch Stadler will noch nicht aufgeben. Die Gewoba ist Sponsor eines heute beginnenden Symposions über „Kultur und Stadtentwicklung“. Am Beispiel von Museen in still gelegten Industriegebäuden tragen ReferentInnen aus ganz Europa bis morgen ihre Erfahrungen mit der Wiederbelebung von aufgegebenen Flächen zusammen. Stadler: „Und diese Gedanken holen wir dann auf die bremische Ebene zurück.“ ck