piwik no script img

Vor Neuverhandlungen Tatsachen bedenken

betr.: „Henkel sorgt für schlechtes Klima“ u. a., taz vom 12. 10. 99

[...] Henkel spricht von einem deutschen Anteil an der europäischen CO2-Minderungspflicht von 21 Prozent. Dabei ist aber dringend zu beachten, dass sich diese 21 Prozent auf das Basisjahr 1990 beziehen. In diesem Jahr waren in den gesamtdeutschen Emissionen die der DDR enthalten. Seitdem sind diese aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenbruchs deutlich gesunken. Dieser Tatbestand verdeutlicht, dass die effektive deutsche Reduktionspflicht wesentlich geringer ist als 21 Prozent. Experten auf einer Konferenz über die Flexiblen Mechanismen des Kioto-Protokolls im Juli dieses Jahres in Stuttgart nannten diesbezüglich Zahlen im Bereich von 10 Prozent. [...]

Ferner war in dem Artikel über Henkels Schreiben an Schröder die Rede davon, dass keine Reduzierung auf ein ökologisches Problem stattfinden dürfe, die wirtschaftlichen Interessen sollten vielmehr ebenfalls berücksichtigt werden. Das deutet darauf hin, dass Henkel den Inhalt des Protokolls nicht zu kennen scheint. Denn dort sind bewusst drei Flexible Mechanismen als Instrumente zur Erreichung einer globalen Treibhausgasemissions-Minderung aufgeführt. Neben dem geplanten Emissionsrechtshandel sind dies ein Clean Development Mechanism und Joint Implementation, die bedeuten, dass Emissionsreduktionsmaßnahmen in Form von Projekten in anderen Ländern durchgeführt werden können. Die erreichte Reduktion wird dann auf die Pflicht des investierenden Staates oder Unternehmens angerechnet. Starre Lösungen wie eine reine Auflagenpolitik oder auch Steuersysteme sind dagegen nicht geplant. Die Instrumente sind im Gegensatz dazu zugunsten eines geringstmöglichen wirtschaftlichen Eingriffs so flexibel, dass besonders Umweltschützer mangelnde Wirksamkeit durch diese Flexibilität befürchten.

Herr Henkel sollte diese Tatsachen bedenken, bevor er auf Neuverhandlungen zur Lastenverteilung innerhalb der „EU-Bubble“ drängt. Christine Jahn, Marburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen