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Sachverstand

■ Betr.: Attest im Dienst des Brötchengebers, taz hamburg vom 14.10.99

Die politische Vereinbarung zwischen GAL ud SPD sieht u.a. vor, dass für die Feststellung eines Abschiebehindernisses aufgrund eines ärztlichen Attestes in Zweifelsfällen ausschließlich eine amtsärztliche Begutachtung relevant ist. (...) So steht es auch ausdrücklich in der Senatsantwort.

Die in der Innenbehörde beschäftigten Ärztinnen können eine ganze Reihe anderer Dinge tun, aber die Entscheidung, ob medizinische Gründe gegen eine Abschiebung sprechen oder nicht, können sie eben gerade nicht treffen. Was sie allerdings können, ist, am Tag der Abscheibung, „im Einzelfall“ und „soweit fachlich möglich und notwendig“, den ausreisepflichtigen Menschen erneut amtsärztlich daraufhin untersuchen zu lassen, ob vielleicht doch medizinische Gründe einer Abschiebung entgegenstehen, obwohl eventuell die Behörde vorab von Reisefähigkeit ausgegangen ist.

Der Spieß lässt sich nämlich auch umdrehen: Die neu eingestellten Ärztinnen der Behörde bringen medizinischen Sachverstand in die Ausländerbehörde, der dazu führen kann, dass medizinische Gutachten nicht angezweifelt, sondern ernst genommen werden.

Aber wie man es auch dreht und wendet: Am Ende der Entscheidungskette steht immer der Amtsarzt, der individuell über den Gesundheitszustand eines Patienten entscheidet. Alle anderen Interpretationen des Textes sind falsch – die Vereinbarung vom Juli zwischen GAL und SPD ist in vollem Umfang gültig, der Einstellung von Ärztinnen durch die Innenbehörde mit der beschriebenen begrenzten Kompetenz hat die GAL weder damals noch heute widersprochen. Denn die GAL war und ist der Meinung, dass ärztlicher Sachverstand in der Innenbehörde nichts schaden kann. Martin Schmidt, stv. GAL-Fraktionschef

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