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Putschangst in Nigeria

■ Regierung geht erstmals hart gegen Größen der früheren Militärdiktatur vor

Berlin (taz) – In Nigeria steigen die Spannungen, nachdem die Zivilregierung von Präsident Olusegun Obasanjo erstmals führende Vertreter der früheren Militärdiktatur ins Gefängnis gesteckt hat. Mohammed Abacha, Sohn des Ex-Diktators Sani Abacha, wurde am 29. September verhaftet und steht seit letzter Woche wegen Mordes vor Gericht. Er soll für die Ermordung von Kudirat Abiola verantwortlich sein, erste Ehefrau von Moshood Abiola, des 1998 in der Haft verstorbenen Siegers der annullierten Präsidentschaftswahlen von 1993. Mit ihm steht Oberstleutnant Ibrahim Yakassai vor Gericht, der den unter der Abacha-Herrschaft inhaftierten ehemaligen nigerianischen Vizepräsidenten Shehu Musa Yar'Adua vergiftet haben soll. Yar'Adua saß zusammen mit dem heutigen Präsidenten Obasanjo wegen Landesverrats im Gefängnis und starb Ende 1997 unter damals unklaren Umständen in der Haft. Weitere Abacha-Freunde sind angeklagt, darunter ein Sergeant, der gestanden haben soll, Chef einer Todesschwadron im Auftrag Abachas gewesen zu sein.

Der Prozessbeginn gegen Mohammed Abacha am vergangenen Donnerstag erregte in Lagos großes Aufsehen. Das Verfahren ist nun auf den 17. November vertagt worden – den Jahrestag von Abachas Putsch von 1993. Mehrere Ex-Mitglieder der Abacha-Junta sollen unter Hausarrest gestellt worden sein.

Das unerwartet harte Vorgehen der Regierung hat Ängste vor einem neuen Militärputsch geweckt. Zweimal fühlte sich die Regierung inzwischen genötigt, davor zu warnen: Außenminister Sule Lamido sagte Anfang der Woche, man habe eine Verschwörung „sehr verzweifelter“ Leute entdeckt, die aus einem Nachbarland in Nigeria einmarschieren wollten. Verteidigungsminister Theophilus Danjuma sagte, wer heute „solche illegalen Akte“ herbeiwünsche, solle „gehen und merken, dass die Streitkräfte sich nicht mehr um Politik kümmern sollen“. Beide Bemerkungen fielen bei öffentlichen scharfen Verurteilungen des Militärputsches in Pakistan. D.J.

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