: DaimlerChrysler erneuert Westtangenten-Vorschlag
■ Größter Investor am Potsdamer Platz will Trasse nun mit Tunnel. Grüne dagegen
Auch der neueste Vorschlag von DaimlerChrysler für eine Westtangente vom Autobahnkreuz Schöneberg zum Tiergartentunnel ist auf heftige Kritik gestoßen. Nach den Planungen soll die vom Konzern geforderte vierspurige Schnellstraße von Norden nach Süden nun auch teilweise unterirdisch verlaufen.
Dem Vorschlag zufolge müsste der bisher nur einspurige Tunnel zwischen dem Kemperplatz und der Kanaluferstraße verbreitert werden. Auf der 3,5 Kilometer langen Strecke sind dem Konzept nach keine Auf- oder Abfahrten geplant. Damit sollen die Wohngebiete, die an der Tangente liegen würden, vom Zugangsverkehr verschont bleiben.
Bereits im Sommer hatte DaimlerChrysler ein Konzept für eine Westtangente vorgelegt. Er war aber schon damals auf deutlichen Widerstand gestoßen.
Der bündnisgrüne Verkehrsexperte Michael Cramer verwies darauf, dass der Tunnel mit Absicht nur einspurig geplant worden sei, um eine Westtangente zu verhindern. Für einen Ausbau des Tunnels sei kein Geld da. Die Investoren sehen einen Investitionsbedarf von mindestens 350 Millionen Mark – dies müsse vom Senat getragen werden, wie der Verkehrsexperte bemängelt. Zudem hält Cramer diese Summe für geschönt. Bisher waren Schätzungen immer von 400 bis 500 Millionen Mark ausgegangen. Zudem würde die Schnellstraße Durchgangsverkehr in die Stadt ziehen, der nach allen Planungen der Stadt gerade aus der Stadt rausgehalten werden sollte.
Die Westtangente war schon in den 60er-Jahren zum ersten Mal vom Senat geplant worden. Eine 1974 gegründete und bis heute aktive Bürgerinitiative bemüht sich seitdem, sie zu verhindern. Später, in den Achtzigerjahren, nahm der Regierende Bürgermeister Hans-Jochen Vogel (SPD) von dem Projekt Abstand. Mit der ersten Großen Koalition verabschiedete sich der Senat 1991 von den Tangenten-Planungen. Die CDU unterstützt dagegen den Plan zum Bau der Trasse – allerdings nennt sie sie „Stadtstraße“.
Die Sprecherin der Verkehrsverwaltung wollte sich zu den Vorschlägen von DaimlerChrysler angesichts von Vorgesprächen über die Fortführung der Großen Koalition nicht äußern. Bisher standen die Verkehrsplaner dem Westtangenten-Vorschlag skeptisch gegenüber. Philipp Gessler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen