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Sperrgebiet

Im Mai/Juni 1952 sowie im Oktober 1961 wurden insgesamt rund zwanzigtausend Menschen aus dem Grenzgebiet der DDR, d. h. aus einem fünf Kilometer breiten Streifen entlang der innerdeutschen Grenze zwangsausgesiedelt. Die Namen der Aktionen: „Ungeziefer“ und „Kornblume“. Die Grenze sollte sicherer werden, indem man unbequeme Leute ins Landesinnere umquartiert.

Es war Aufgabe einer Kommission, „feindliche Elemente“ vor Ort auszumachen. Sie bestand aus jeweils einem Vertreter der Volkspolizei, des Ministeriums für Staatssicherheit, der SED-Kreisleitung sowie des Rates des Kreises. Betriebe und staatlichen Organe waren verpflichtet, Kaderanalysen zu erarbeiten und Namenslisten zu übergeben. Es handelte sich dabei bereits um Vorschläge, welche Personen aus dem Grenzgebiet entfernt werden sollten.

Ohne eine Begründung ging die Fahrt ins Ungewisse. Erst beim Eintreffen im neuen „Heimatort“, oft hundert und mehr Kilometer entfernt, erfuhren die Zwangsausgesiedelten, wo sie fortan leben mussten. Der „Maßnahmeplan“ der Kreisdienststelle Ludwigslust des MfS zur „Aussiedlung negativer Personen aus dem Sperrgebiet“ listete zum Beispiel detailliert auf, wer wann und wo zu agieren hatte. Zudem legte ein umfassender Fragekatalog fest, dass sowohl die „operativen Mitarbeiter als auch die eingesetzten IM“ später über das Geschehen zu berichten hatten. „Wie ist die Stimmung im Kreisgebiet unter den einzelnen Schichten?“, wollten die Verantwortlichen wissen.

Die DDR hatte die Aktionen auf eine rechtliche Grundlage gestellt, was nach der Wende Versuche der Wiedergutmachung und finanziellen Entschädigung bislang zunichte machte. In Akten des Schweriner Staatsarchivs ist zu lesen, dass die zweifelhafte Legitimation der Aussiedlungsaktionen die „Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der DDR und den westlichen Besatzungszonen“ vom 28. Mai 1952“ sowie die „Verordnung vom 9. Juni 1952 über weitere Maßnahmen zum Schutz der DDR“ darstellten. Die Stasi wurde beauftragt, „Maßnahmen zur Verhinderung des Eindringens von Diversanten, Spionen und Terroristen zu ergreifen“.

Quasi ein Freibrief: Alle Aktionen waren fortan der militärischen Gesetzesordnung unterworfen. Diese Dekrete traten erst am 19. März 1964 mit der neuen „Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze“ außer Kraft. Grundlage für die zweite Aussiedlungswelle war ein Ministerratsbeschluss vom 12. August 1961 und eine gleich lautende Direktive des ZK der SED über die „weitere Erhöhung der Sicherheit an der Staatsgrenze West“. Die Regierung sah sich veranlasst, „bestimmten Bürgern aus dem unmittelbaren Grenzgebiet in anderen Orten Arbeit und Wohnung nachzuweisen“. Andreas Hergeth

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