PDS will Westen erobern

■ Klausur der guten Vorsätze: Gregor Gysi verspricht, „realitätsnäher“ zu werden

Berlin (taz) – Die jüngsten Wahlerfolge seiner Partei stellen Gregor Gysi vor ganz neue Herausforderungen. Jetzt kommen sogar schon Anfragen aus Griechenland: „In Athen möchte man wissen, wer ist diese PDS?“, berichtete ein weitgereister Journalist gestern im Reichstag. Sichtlich erfreut über so viel Interesse, antwortete Gysi, die PDS wolle als „sozialistische Partei der gesamten Bundesrepublik“ jetzt auch im Westen siegen und plane bereits für die Bundestagswahl 2002.

Die jüngsten Wahlerfolge haben Mut gemacht. Wenn es nach ihm ginge, so Gysi nach einer Klausurtagung seiner Fraktion, sollte die PDS „im Prinzip bei allen Landtagswahlen antreten“. Auch im Westen verspüre er einen „Akzeptanzgewinn“. Den gelte es auszubauen: „Die Leute sollen zu der Meinung kommen, es ist gut, dass es die PDS gibt – auch die, die uns nicht wählen.“

Um das Potenzial im Westen voll auszuschöpfen, brauche die Partei allerdings einen „Imagewechsel“, mahnte der Parlamentarische Geschäftsführer Roland Claus – und überraschte mit einer neuen Strategie: Neben dem allseits bekannten Engagement für soziale Gerechtigkeit müsse die PDS auch „Wirtschaftsförderungskompetenz“ erreichen.

Eine neue FDP aus dem Osten? Gysi beruhigte sofort: Natürlich arbeite die PDS weiterhin vor allem auf den bewährten Politikfeldern „Gleichstellung von Ost und West, soziale Sicherheit und Friedenspolitik.“ Deshalb protestiere seine Partei auch „ganz entschieden“ gegen die geplanten Waffenexporte an die Türkei. Man dürfe sich keine Illusionen machen: „Wer einen Panzer liefert, der liefert auch die weiteren 999.“ Der Leopard-II-Deal sei „wieder ein Bruch von Wahlversprechen“ der Bundesregierung. Die PDS habe für den nächsten Mittwoch eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt und fordere die Grünen auf, „nicht wieder umzufallen“. Dass die rot-grüne Koalition wegen der Waffengeschäfte kippen könnte, „kann ich mir aber nicht vorstellen“, so Gysi.

Was seine eigene Partei angeht, dürfe die PDS sich nicht auf Proteststimmen verlassen – diese Erkenntnis habe sich in den eigenen Reihen durchgesetzt: Auf der „Klausur der guten Vorsätze“ habe man beschlossen, „in alle gesellschaftlichen Gruppen hineinzuhören, um die Probleme noch besser lösen zu können“. Offensichtlich sieht Gysi da noch einigen Nachholbedarf: „Wir müssen realitätsnäher werden.“

Wenn das gelingt, sei bei der Wahl 2002 alles möglich. Es sei zwar „noch ein bisschen früh“, um konkrete Wahlziele zu nennen. Aber „wir wollen auf jeden Fall noch stärker werden“. Einen ersten Schritt auf dem langen Weg zur gesamtdeutschen Partei sollen schon morgen die Genossen in Baden-Württemberg machen. Im Hinausgehen verriet Gysi noch schnell, wo er sich Erfolge erwarte: „In Karlsruhe, Heidelberg, Tübingen und Stuttgart.“ Lukas Wallraff