: Wachsender Krach über dem Kanal
■ Weil die Franzosen britisches Rindfleisch boykottieren, sollen die Briten französische Produkte boykottieren. Deren Tiere bekamen jahrelang Futter mit Klärschlamm
Berlin (dpa/AP/taz) – Was die Franzosen können, können die Briten schon lange: Weil Frankreich, wie Deutschland, weiterhin aus Angst vor dem Rinderwahnsinn kein Fleisch aus England ins Land lässt, rufen Konservative in England dazu auf, französische Lebensmittel zu boykottieren. Am Freitag fanden die Engländer dazu auch einen guten Anlass in einem neuen EU-Bericht. Danach bekamen französische Tiere, vor allem Schweine und Hühner, trotz eines seit 1991 geltenden Verbotes jahrelang Futter mit Klärschlamm aus Fäkalien.
Die konservative Opposition forderte die britische Labour-Regierung auf, den Import von französischem Fleisch zu verbieten. Landwirtschaftsminister Nick Brown will allerdings nicht so weit gehen. Großbritannien wolle keine EU-Gesetze brechen, indem es seinerseits Importverbote erlasse. Er persönlich kaufe allerdings keine Lebensmittel aus Frankreich mehr. Brown schloss gerichtliche Schritte gegen Frankreich nicht aus. London wolle jedoch erst ein Treffen europäischer Veterinärexperten am nächsten Donnerstag abwarten. Premierminister Tony Blair soll laut seinem Regierungssprecher dem Minister zu seiner entschlossenen Haltung gegenüber Frankreich gratuliert haben.
Vier britische Supermarktketten holten als Reaktion auf den französischen Boykott einzelne französische Produkte aus den Regalen und warben für ähnliche britische Produkte. Marktführer Tesco kündigte an, zu Weihnachten keine Mistelzweige aus Frankreich einzuführen.
Frankreich hält an dem Importverbot fest, weil ein Gutachten der Lebensmittelbehörden Risiken für den Menschen durch die Rinderseuche nicht ausschließt. Die EU hatte das 1996 auferlegte Importverbot für britisches Rindfleisch im August dieses Jahres aufgehoben. Alle Mitgliedsstaaten wurden dazu verpflichtet, wieder britisches Rindfleisch auf den eigenen Märkten zuzulassen.
In Deutschland will Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) frühestens dann über eine Aufhebung des Importverbotes entscheiden, wenn die Ergebnisse einer EU-Arbeitsgruppe dazu vorliegen und das Treffen der Veterinärexperten stattgefunden hat.
mra
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