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BVB: Ein Fall für die Couch

■ Nach dem Werder-Sieg geht beim BVB die Angst vor der Talfahrt um

Die Tabelle weist sie als Spitzenreiter aus, der Gemütszustand macht sie dennoch zum Fall für den Psychologen. Ausgerechnet vor dem wichtigen Champions-League-Duell mit Feyenoord Rotterdam am Mittwoch sowie den Bundesliga-Spitzenspielen gegen die Verfolger Hamburger SV und Bayer Leverkusen ist die Verunsicherung bei den Profis von Borussia Dortmund riesengroß. Zwei deutliche Heimschlappen gegen Rosenborg Trondheim (0:3) und Werder Bremen (1:3) binnen fünf Tagen sorgten für rasche Ernüchterung. „Unglaublich, als wenn jemand bei uns das Licht ausgeschaltet hätte“, klagte Offensivspieler Andreas Möller, „ich kann mich nicht an Vergleichbares erinnern.“

Wie schon im Duell mit dem norwegischen Meister musste das vermeintliche Spitzenteam um Trainer Michael Skibbe gegen Bremen eine bittere Lehrstunde ertragen. Der Gast von der Weser zeigte seinem Gegner vor allem in taktischer Hinsicht deutlich die Grenzen auf. Das Eigentor von BVB-Keeper Jens Lehmann (4.) sowie die Treffer von Marco Bode (42.) und Claudio Pizarro (80.) schürten bei den Bo-russen die aufkommende Angst vor der Talfahrt. „Wir sind noch lange nicht da, wo wir eigentlich hin wollten“, gestand Manndecker Jürgen Kohler freimütig.

Vor allem die erste Halbzeit lässt für die Begegnung gegen Feyenoord Rotterdam Böses erahnen. Lichtjahre von der Klasse eines Tabellenführers entfernt, verprellten die ideenlosen Dortmunder selbst die treuesten Fans. Zu allem Überfluss sah Mittelfeldspieler Dede nach Tätlichkeit gegen Pizarro (90.) die Rote Karte. Wider die um sich greifende miese Stimmung warnte der formschwache Angreifer Fredi Bobic vor Schwarzmalerei: „Wer jetzt lange nachkartet, redet sich in eine Krise.“ Auch Manager Michael Meier setzt auf die läuternde Wirkung der ersten Schlappe nach 19 Bundesliga-Heimspielen ohne Niederlage: „Es gilt, die Leistung zu korrigieren und aus den letzten beiden Spielen die richtigen Lehren zu ziehen.“

Die erhoffte Trotzreaktion der Mannschaft käme zur rechten Zeit: Ein Erfolg gegen den niederländischen Meister könnte den Weg in die Zwischenrunde der Champions League ebnen und der Mannschaft vor dem Bundesliga-Gipfel in Hamburg am Samstag verlorenes Selbstvertrauen zurückgeben. Doch selbst Andreas Möller gab sich vor der „Woche der Wahrheit“ skeptisch: „Bisher haben wir fast nur gegen Teams aus dem Bundesliga-Mittelfeld gespielt, die richtigen Kracher kommen erst noch.“

Derweil die Dortmunder über die Gründe der Formkrise rätselten, machte sich im Bremer Lager Erleichterung breit. „Eigentlich wollten wir nur einen Punkt, jetzt sind es sogar drei Punkte geworden“, jubelte Spielmacher Andreas Herzog, der für eine Belebung des Werder-Spiels sorgte. Der zweite Auswärtssieg bewahrte sein Team vor einem drohenden Absturz in den Tabellen-Keller und Trainer Thomas Schaaf vor neuen Sorgenfalten. „Es gibt Selbstvertrauen, beim Tabellenführer zu gewinnen“, sagte der 38 Jahre alte Fußball-Lehrer.

Inspiriert vom Auftritt der Trondheimer in Dortmund brachten die klug aufspielenden Bremer die bislang beste Abwehr der Liga gehörig ins Schwitzen. „Uns kommt es momentan entgegen, auswärts zu spielen. Wir sind wie schon in der vorigen Saison eine starke Kontermannschaft“, meinte Torschütze Bode. Ein Blick auf die Bilanz gibt ihm recht: Immerhin gewann sein Team in der Fremde bisher doppelt so viel Punkte wie im heimischen Weserstadion.

Heinz Büse, dpa

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