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Welche Waffenexporte verträgt Rot-Grün?

Gestern Abend beriet die Koalitionsrunde über die neuen Exportrichtlinien der Regierung für Rüstungsgüter. Claudia Roth fordert die Aufnahme konkreter Kriterien, um die Menschenrechte zu wahren  ■   Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – Spät am Abend wollten sie noch tiefe Risse kitten: Bis kurz vor 23 Uhr sollte die Koalitionsrunde von Rot und Grün tagen, um unter Vorsitz von Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einer Einigung im Streit um die künftige Handhabung von Waffenexporten zu gelangen. Es handelt sich um die schwerste Auseinandersetzung zwischen den Koalitionspartnern in den letzten Monaten, denn gerade für die Grünen geht es um Grundsätzliches.

In der Bundestagsfraktion wie in der Ministerriege war man gestern entschlossen, bei diesem Thema die „friedenspolitische Identität“ der Partei zu verteidigen. Im Mittelpunkt stand nicht mehr nur der Testpanzer für die Türkei, dessen Auslieferung ist nach Ansicht der Grünen nicht mehr aufzuhalten. Denn gestern hatte sich das SPD-Präsidium für die Lieferung des Testpanzers ausgesprochen – gegen die Stimme von Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul. Nun sollte vor allem die Neufassung der Richtlinien für den Rüstungsexport diskutiert werden. Aus taktischen Gründen vereinbarten Außen- und Verteidigungspolitiker der Grünen nach ihren Beratungen am Montag Stillschweigen über die genaue Verhandlungslinie für den Abend. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, die Bündnisgrüne Claudia Roth, hat jedoch gestern in Berlin einen Kriterienkatalog gefordert, der über Menschenrechtsbelange im engen Sinne hinausgeht. Danach sollen die Richtlinien ausdrücklich ein Verbot von Lieferungen an Länder festschreiben, in denen es keine zivile Kontrolle über das Militär gibt, in denen die Armee im Landesinneren eingesetzt wird oder in denen die Rüstungsausgaben unverhältnismäßig groß gegenüber den Aufwendungen für soziale und ökonomische Zwecke sind. Gerade mit der Aufnahme des letzten – entwicklungspolitischen – Kriteriums bringt sie Außenminister Joschka Fischer in eine missliche Lage. Fischer hatte bei der letzten Beratung der Richtlinien im geheim tagenden Bundessicherheitsrat offenbar gegen die Aufnahme entwicklungspolitischer Kriterien gestimmt. Auch soll er sich damit zufrieden gegeben haben, die Frage der Menschenrechte lediglich in der Präambel aufzunehmen. Ein entsprechender Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde der taz gestern von Regierungsseite bestätigt. Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul habe mit ihrem Antrag alleine dagestanden, hieß es. Ihr Sprecher sagte auf Anfrage: „Ich möchte den Bericht nicht dementieren.“

In der Umgebung des Bundesaußenministers fiel das Echo vehement, aber vage aus. „Das ist wirklich völlig konstruiert“, lautete eine Einschätzung. Es habe allenfalls „redaktionelle Differenzen“ gegeben, nicht aber einen Streit über politische Zielsetzungen. Allerdings wird eingeräumt, dass Fischer auf die Verankerung der Menschenrechtskriterien im Hauptteil verzichtet habe, weil der Widerstand aus Kanzleramt, Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium zu stark war. Die Genehmigung des Testpanzers erfolgte ebenfalls mit diesen drei Stimmen. Auch deshalb forderten die Grünen im Vorfeld, dass Entscheidungen des Bundessicherheitsrates in Zukunft wieder einstimmig getroffen werden sollen.

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