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Seebaldsbrücks Bauwüste

■ Sand und Wasser und ganz viel Erde: Der Tunnel in Hemelingen wird gebaut. Dafür müssen die Züge runterbremsen auf 120 Stundenkilometer. Und das wird teuer.

Das gelbe Haus an der Godestraße steht nur noch zur Hälfte: Den Rest haut ein Bagger gerade weg. Im Minutentakt bröckelt die Substanz. Kaum eine Stunde später ist das Haus nur noch ein Kummerhaufen Schutt. Rund 18 Meter tiefer soll der Hemelinger Tunnel gebaut werden. Rund 20 Häuser wurden insgesamt für das Großprojekt platt gemacht. Die nächsten kommen im November dran.

Pressetermin: Die CDU schaut mal wieder vorbei, wie die Bauarbeiten hier voran gehen. Mit Helm staksen alle durch die Sandpiste, dem Projektplaner Dietmar Elmers hinterher, der die Baumaßnahmen erklärt. Vom Tunnel ist noch nix zu sehen. Noch haben alle festen Boden unter den Füßen.

Aber genau hier drunter soll in vier Jahren der Verkehr rollen. Nach 21 Jahren Planung und unzähligen Bauvarianten geht es dann 593 Meter unterirdisch zum Autbahnzubringer. Zweispurig. Um für DaimlerChrysler die Anbindung zu verbessern. Bis dahin wird Elmers noch Tonnen von Erdmassen bewegen. Und das Grundwasser mittels Druckluft um neun Meter senken. Für den Hemelinger Tunnel. Kostenpunkt: 350 Millionen Mark.

Noch ist auf der Sandpiste nur eine Rinne zu sehen. Gut einen halben Meter breit. Hier kommen später die Schlitzwände rein. 18 Meter tief, um daran die Tunneldecke einzuziehen. Die wird als Aussteifung gleich einbetoniert, erklärt Elmers. Und oben kann schon wieder alles hergerichtet werden. „Statt zwei einhalb Jahre Baustelle verkürzen wir das auf diesen Winter und das Frühjahr“, sagt Projektleiter Winfried Kirschmann. Denn mit Einziehen der Tunneldecke gehen die Bauarbeiten für die Anwohner stiller und staubfreier unter Tage weiter. Dann kommt der Druckluft-Einsatz in der Tunnelröhre: Neun Meter will man damit den Grundwasserpegel drücken. Das spart Geld: Mit zehn Prozent weniger, rechnet Elmers.

Bis dahin muss sich Elmers aber vor allem um die Bahnstrecke Bremen Osnabrück kümmern. Ab November geht die GPV „ins Gleis“, um darunter den Tunnel zu legen. Mit Hilfsbrücken muss die Bahn-trasse gestützt werden, damit die Züge immerhin noch mit Tempo 120 darüber brettern können.

Eigentlich wäre Tempo 90 schnell genug, sagt Kirschmann. Schließlich müssen die Bauarbeiter da drunter rackern. Aber zu teuer. Sonst braust die Bahn mit 160 Stundekilometern vorbei. Aber das Abbremsen ihrer Züge lässt sich die Bahn bezahlen: Für sechs Monate 40 Sachen langsamer fahren – dafür zahlt die GPV 300.000 Mark.

Richtig Stress bekommt der Projektleiter aber erst im April. Bis dahin müssen die Hilfsbrücken für die Bahn verschwunden sein. Denn dann läuft bei der Bahn alles auf Expo-Hochtouren. Dann will man sich von den Maulwürfen in Seebaldsbrück keine Verspätungen auf der Zugstrecke Bremen-Osnabrück mehr einfahren.

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