Sozialarbeiter

■ Seit 25 Alben schlägt sein Herz links: der Protestsänger Bruce Cockburn

Gibt es sie noch, die Protestsänger? Seit Woody Guthrie und seiner Kampfgitarre („This machine kills fascists“) hat sich das Bild des politisch agierenden Sängers verschoben. Die Codierungszwänge des Pop machen misstrauisch gegenüber allzu offenherzig vorgetragenem Engagement. Weltverbesserer von Bono bis DJ Bobo – für sie gilt eine Edwyn-Collins-Sentenz: „Too many protest singers, but not enough protest songs.“

Und Bruce Cockburn? Wie kaum ein zweiter verkörpert der kanadische Songwriter das Problem der verzögerten Wahrnehmung zwischen politischer Botschaft und Medium. 1984 schockte er mit „If I Had A Rocket Launcher“ die Pazifisten beim Kaffeetrinken für Nicaragua, fünfzehn Jahre später sieht Cockburn immer noch so aus wie sich die Macher einer ZDF-Vorabendserie den singenden Sozialarbeiter vorstellen. Ein sensibler Humanist, dessen nickelbebrillte Augen viel gesehen haben. Doch der 53-jährige hat einen ausgeprägten Realitätssinn, der ihn vor allzu hohen Erwartungen an sich selbst schützt. „Ich seh' mich nicht als Protestsänger“, gesteht Cockburn freimütig, „mein Job ist es, aus dem Leben Songs zu machen.“ Politik sei da nur ein Aspekt, der allerdings von der eigenen Erfahrung abhänge. „Ich schreibe, weil ich muss, und ich kann nur über das schreiben, was ich selbst erlebt habe.“ Das schlichte Credo eines Überzeugungstäters, der seinen Glauben nicht realpolitischen Sachzwängen oder einem Alterszynismus geopfert hat.

Cockburn ist dabei kein Moralist. Eher ein global denkender Ethiker, dessen Herz seit Jahren links schlägt. Dem medialen Spiel, das durch sein Engagement ausgelöst wird, ist er sich dennoch bewusst. Wenn Cockburn sich wie vor vier Jahren für Tretminenopfer in Mozambik einsetzt, dann ist das auch Öffentlichkeitsarbeit gegen Medienmüdigkeit. „Viele Probleme beginnen meist erst dann, wenn die Soldaten und Kameras abgezogen sind.“ Bei aller Berufung, sein Job heißt Songwriter.

Und als solcher hat er gerade sein 25. Album eingespielt. Breakfast In New Orleans Dinner In Timbuktu ist ein farbenprächtig und assoziativ angelegtes Reisetagebuch, musikalisch in der Art, dass selbst die Friends Of Dean Martinez sich nicht ganz zufällig in einem Song wiederfinden. Lucinda Williams und Margo Timmins (Cowboy Junkies) hingegen werden live wohl nicht dabei sein. Was bei allem Goodwill dann doch ein bisschen schade ist.

Michael Hess

Mo, 1. November, 21 Uhr, Fabrik