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Quadratur des Wahlkreises

■ GAL will das Wahlrecht ändern und das Bundestagsmodell auf Hamburg übertragen. SPD und CDU sind erst einmal skeptisch

Eine Stimme für die Bürgerschaft, eine für die Bezirke – so laufen Wahlen in Hamburg ab. Zwei Stimmen allein für die Bürgerschaft, offene Listen bei den Bezirken – so sollten Wahlen in Hamburg ablaufen, wenn es nach der GAL ginge. Der Landesvorstand hat am Dienstag Abend entsprechende Vorschläge des stellvertretenden Fraktionschefs Martin Schmidt gebilligt. Man will jetzt mit SPD und CDU darüber reden – die sind allerdings eher skeptisch und die Erfolgsaussichten der GAL-Pläne daher gering.

Kern der Wahlrechtsreform nach GAL-Muster ist die Aufteilung der Stadt in Wahlkreise. Die gibt es in Hamburg bisher nicht: In die Bürgerschaft kommt man allein über die Liste der Parteien. Wenn man Wahlkreise hätte, könnten mit der ersten Stimme die Direktabgeordneten gewählt werden, mit der zweiten die Partei – so wie bei der Bundestagswahl. „Diese Mischung ist ein bewährter und brauchbarer Kompromiss“, sagt Schmidt. Deswegen streite die GAL für das Zweistimmenprinzip. Nicht ganz selbstlos: Kleinere Parteien profitieren normalerweise von der Zweitstimme. Außerdem hätten die Grünen damit durchaus Chancen, über die Listenplätze hinaus noch Abgeordnete per Direktwahl durchzubekommen – zum Beispiel in Altona oder St.Pauli.

Die GAL braucht die Zustimmung beider großer Parteien dazu, das steht fest. „Alle wichtigen Parteien müssen einbezogen werden“, sagt der stellvertretende SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer. Die SPD hat sich ebenso wie die CDU dem GAL-Wunsch nach zwei Bürgerschaftsstimmen bisher verweigert. In der Partei sind zwar viele für das Einsetzen von Wahlkreisen, wie die aber geschnitten werden und wieviele es davon geben soll, ist umstritten. Der Landesvorstand berät am Montag über das Thema.

Während die Fraktionsspitzen von SPD und CDU das Thema Wahlrechtsreform eher behutsam behandeln, geht es einigen jüngeren Abgeordneten viel zu langsam. „Es wird Zeit, dass wir endlich in die Pötte kommen“, fordert der Eimsbütteler SPD-Abgeordnete Thomas Böwer. Wahlkreise würden die Beziehung zwischen Politik und WählerInnen wieder stärken, glaubt er. Die Leute hätten dann feste Ansprechpartner aus der Landespolitik vor Ort.

Für den CDU-Verfassungsexperten Rolf Kruse kommt die ganze Debatte ohnehin erst für die Wahl 2005 in Frage. Die GAL-Vorschläge lehnt er ab: Wenn es Wahlkreise gäbe, hätten die Bezirkspolitiker noch weniger zu sagen und „es bilden sich Platzhirsche aus, die ihren Wahlkreis auf ewig nicht abgeben wollen“. Peter Ahrens

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