Zwischen Panzern und Frieden

Hamburger GAL gibt Geld für zwei HamburgerInnen, die im türkischen Izmir ein Jahr lang Friedensfacharbeit leisten werden  ■ Von Elke Spanner

Der Spagat kostet die GAL 500 Mark. Während die rot-grüne Bundesregierung einen Leopard-II-Panzer in die Türkei liefert, betont die Hamburger GAL-Vorstandssprecherin Kordula Leites, die Grünen stünden für eine „Politik der Krisenprävention“. Als Beleg hatte sie gestern die finanzielle Unterstützung von zwei „FriedensfacharbeiterInnen“ bekannt zu geben, die ab Anfang November ein Jahr lang in Izmir bei dem türkischen „Verein der KriegsgegnerInnen (ISKD)“ arbeiten werden. Für ihr Projekt benötigen Ann-Christin Kröger und Jörg Rohwedder rund 84.000 Mark. Die GAL steuert zunächst 500 Mark bei.

Für Rohwedder ist es „eine kippelige Entscheidung“, sich von der Regierungspartei unterstützen zu lassen. Immerhin aber habe sich Kordula Leites auf Demonstrationen während des Kosovo-Krieges gegen die deutschen Bombardements ausgesprochen. Auch innerhalb ihrer Partei übe sie Druck aus. Durch die Zusammenarbeit, so Rohwedder, „stärken wir die KriegsgegnerInnen innerhalb der GAL“.

Rohwedder und Kröger gehen für die „Kurve Wustrow“ nach Izmir. Von der Bildungs- und Begegnungsstätte sind sie in gewaltfreier Konfliktbewältigung ausgebildet worden. So haben sie etwa gelernt, öffentlichkeitswirksame Kampag-nen durchzuführen. In Izmir, erläutert Kröger, werden die beiden Frauenaktionstage zum Thema „Frauen und Gewalt“ sowie den Aufruf des ISKD an wehrpflichtige Männer unterstützen, den Kriegsdienst zu verweigern. Rund 380.000 Türken entziehen sich zur Zeit dem Dienst an der Waffe. Die wenigsten bekennen sich öffentlich dazu. Denn nicht nur die Verweigerung, auch der Aufruf dazu stehen unter Strafe. Für Rohwedder ist „Kriegsdienstverweigerung ein Menschenrecht“.

Bis die Menschenrechtslage in der Türkei sich verbessert hat, so der Beschluß der Bundesregierung von Montag abend, werden außer dem bereits abgesegneten keine weiteren Panzer in die Türkei geliefert. GALierin Leites begrüßt diesen Beschluss, weil dadurch der zuvor avisierte Rüstungsexport von 1000 Panzern beschränkt werde – wie sie hofft. Ob Waffenlieferanten sich an derartige Vereinbarungen halten, „weiß man nie. Die setzen ihre Interessen massiv durch“.

Für die Hamburger Regierungspolitik wird sich durch den Beschluss der Bundesregierung jedenfalls nichts ändern. Zwar erkennt dieser an, dass in der Türkei die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Abschiebungen dorthin werden aber trotzdem nicht ausgesetzt. „In der Hamburger Ausländerpolitik gibt es eine Diskrepanz zwischen der Einschätzung der Menschenrechtslage und dem Handeln gegenüber MigrantInnen“, räumt Leites ein. Im Zwiespalt befände sich die GAL auch hinsichtlich der von Hamburg aus versandeten Rüstungsgüter, etwa der bei Blohm + Voss produzierten Fregatten. Einerseits sei die Werft für Hamburg „ein wichtiges Unternehmen“. Andererseits dürfe „Militarismus nicht gesellschaftsfähig sein“. Weswegen die GAL Projekte wie das von Kröger und Rohwedder unterstütze.