: Der Traum vom Zurückschlagen
■ Michael Madsen alias Mr. Chapel betreibt „Rache nach Plan“ – ganz in der Tradition der großen Einzelgänger der Seriengeschichte (ab heute dienstags, 23.30 Uhr, Pro7)
Seine Söhne sähen ihn gern einmal als Batman auf der Leinwand. Ihnen zuliebe würde Michael Madsen die Rolle sogar annehmen. Da das entsprechende Angebot aber auf sich warten ließ, nahm er vorerst mit der Rolle des Mr. Chapel vorlieb.
Auch der ist ein geheimnisumwobener Geselle, der in der heute anlaufenden US-Serie „Rache nach Plan“ einsam seine Bahnen zieht, um Bedrängten und unschuldig Verfolgten beizustehen. Mr. Chapel verlangt keine Bezahlung für seine Hilfe, leistet diese aber nicht umsonst: Im Erfolgsfalle schuldet ihm sein Klient einen Gefallen, der jederzeit eingefordert werden kann. Das tut Chapel denn auch ein ums andere Mal, aber nie aus Eigennutz. Vielmehr bedient er sich der individuellen Fähigkeiten seiner Schuldner, um anderen Unglückseligen aus der Patsche zu helfen.
Der Hauptdarsteller Michael Madsen zählt zu den Kultstars aus der zweiten Reihe. Viele Kinogänger kennen seinen Namen, verbinden diesen aber nicht auf Anhieb mit einem bestimmten Gesicht. Das Stichwort „Ohrabschneider“ hilft weiter: In Quentin Tarantinos „Reservoir Dogs“ spielte Madsen den psychothischen Mr. Blonde alias Vic Vega, der einen gefesselten Polizisten foltert und ihm ein Ohr kupiert. Die harte Rolle hat sein Image geprägt, wohl nicht zum Missbehagen Madsens, der sich öffentlich gerne ähnlich unnahbar gibt wie viele seiner Filmfiguren.
Im Tarantino-Universum ist Vic Vega der Bruder des von John Travolta in „Pulp Fiction“ verkörperten Vincent Vega. In einem US-Interview verriet Madsen, Tarantino trage sich mit dem Gedanken, die beiden üblen Burschen in einem Prequel zu den genannten Filmen gemeinsam auftreten zu lassen.
Mr. Chapel, der Polizeiwachen aufgrund schlechter Erfahrungen tunlichst meidet, besitzt ähnlich Vic Vega sadistische Züge. Hat er eine Person einmal zweifelsfrei als Schuldigen ausgemacht, kennt er keinerlei Pardon. Kleinbürgers Traum vom Zurückschlagen wird in dieser Serie genüsslich exerziert, leider ohne den Charme und die vielfältigen ironischen Brechungen der thematisch verwandten Serie „Pretender“ (Vox, dienstags, 21.10 Uhr), auch wenn der mit einem äußerst sardonischen Humor gesegnete Mr. Chapel – zumindest in der Originalfassung – die besseren Einzeiler hat.
Michael Madsen reizte am Part des dunklen Rächers dessen Verwandtschaft zu den großen Einzelgängern der Seriengeschichte, zu Dr. Kimble aus „Auf der Flucht“ (Sat.1, mittwochs, 0.45 Uhr) und mehr noch zu Josh Randall aus „Der Kopfgeldjäger“, der von Madsens Idol Steve McQueen gespielt wurde.
Jede dieser Serien hatte allerdings neben einem beherrschenden Hauptdarsteller auch eine originelle Exposition zu bieten. „Rache nach Plan“ hingegen gebricht es erkennbar an innovativen Komponenten. In den USA wurde „Vengeance Unlimited“, so der Originaltitel, nach sechzehn Episoden eingestellt.
Gelegenheit für Madsen, sich um die Verfilmung eines selbstverfassten Drehbuchs zu kümmern. Und die Stelle des Batman-Darstellers ist ja auch wieder vakant ...
Harald Keller
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