: AKW Krümmel auf dem Prüfstand
■ Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht hat begonnen. Ministerium sieht keinen Grund für Stilllegung des Reaktors trotz Dutzenden von Leukämiefällen
Schleswig (dpa) – Das schleswig-holsteinische Energieministerium sieht keinen Grund für eine sofortige Stilllegung des Atomkraftwerks Krümmel bei Hamburg. Das erklärte eine Vertreterin des Ministeriums am Montag vor dem schleswig-holsteinischen Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig. Zwei Ärzte aus der Umgebung des Kraftwerkes hatten auf Widerruf der Betriebsgenehmigung geklagt. Sie führen häufige Leukämieerkrankungen bei Kindern in der niedersächsischen Elbmarsch gegenüber Krümmel auf das Atomkraftwerk zurück.
Das Energieministerium räumte zwar „einige Ungereimtheiten“ ein. „Dem hat die Aufsichtsbehörde nachzugehen, und dem geht sie nach“, sagte die Sprecherin. Man befinde sich aber noch in der sicherheitstechnischen Überprüfung. Die Ergebnisse einer großen medizinischen Studie werden im nächsten Jahr erwartet.
Der Vorsitzende Richter im 4. OVG-Senat betonte am ersten Verhandlungstag: „Wir diskutieren hier nicht über Sinn oder Unsinn der friedlichen Nutzung der Atomenergie.“ Das Gericht könne auch nicht die Aufgaben der Aufsichtsbehörde übernehmen. Entscheidend sei für das OVG, ob es gelinge, einen Zusammenhang zwischen Leukämieerkrankungen und dem Atomkraftwerk nachzuweisen. Nach einer zweistündigen Zusammenfassung des Sachverhaltes zu Prozessbeginn sagte der Richter: „Fest steht bisher nur, dass es ein Kernkraftwerk Krümmel gibt und dass die Menschen in der Elbmarsch an Leukämie erkrankt sind.“
Die Verhandlung wird heute fortgesetzt. Seit 1989 sind in der Region im niedersächsisch-holsteinischen Grenzgebiet östlich von Hamburg zehn Kinder, ein Jugendlicher sowie zehn Erwachsene an Blutkrebs erkrankt. Zwei Kinder und ein Jugendlicher starben bisher. Unbestritten ist außerdem, dass Radioaktivität ein Risikofaktor bei Leukämie ist. Um diesen Risikofaktor und die Rolle des AKW Krümmel streiten Wissenschaftler seit Jahren.
Der Reaktor ist mit 1.300 Megawatt Leistung der größte Siedewasserreaktor der Welt. Betreiber ist die Kernkraftwerk Krümmel GmbH, ein Tochterunternehmen der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) und der Preußen-Elektra (Hannover). Die Baukosten betrugen rund 3,5 Milliarden Mark.
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